
Ich scheitere. Täglich. Mein Ego könnte dir eine endlose Liste an Dingen aufzählen, die ich einfach nicht auf die Reihe kriege.
Im heutigen Blog möchte ich dich dazu einladen, das Versagen nicht nur lieben zu lernen, sondern auch dazu, eine andere Perspektive zu dem, was unsere Gesellschaft vorschnell als Misserfolg abstempelt, einzunehmen.
Wir leben nachwievor in einer Welt, deren Zeitgeist in Schwarz-Weiß-Kategorien unterwegs ist. Das bedeutet, Eltern schicken ihre Kinder in möglichst gute Schulen, damit sie ihnen mindestens besser geht als ihnen, bzw. dass sie Erfolg haben im Leben.
Erfolg wiederum wird noch immer in Status und Wohlstand gemessen. Das bedeutet, dass ein möglichst hohes Einkommen da sein muss, ein Haus wäre nicht schlecht, eine Familie zum Vorzeigen und auch noch eine Karriere.
Das sich die Rechnung weder für die Beteiligten noch für ihre Kinder ausgehen kann, liegt auf der Hand. Denn schließlich gibt es immer Leute, die mehr haben als man selbst, und niemand hat mehr Zeit für irgendetwas oder irgendjemanden. Geschweige denn für Partner oder Kinder.
So weist uns unser kollektives Ego schnell als Versager aus. Ein Beispiel gefällig? Also: Ich bin bald 53 Jahre alt, habe bis heute kein eigenes Haus, meine älteste Tochter hat nie bei mir gelebt, außerdem bin ich geschieden. Ich bin Lehrer, also Karriere ist einmal nicht. Und selbst in meinem zweiten Standbein als Autor konnte ich mich nicht auf einer Bestsellerliste platzieren.
Ich könnte dir natürlich meine Story auch als Erfolgsgeschichte präsentieren: Ich bin in Topform, lebe meinen Traum, alle Schüler lieben mich, meine Beziehung ist erfüllender als jede Liebesgeschichte. Ich genieße jeden Tag, weil ich täglich meinem Herzen folge. Ich coache Menschen, erreiche viele und habe gerade mein zweites Buch beendet. Außerdem werde ich auch heuer wieder mit meinen Lieben die Welt bereisen.
Also, wie jetzt?
Im Prinzip sind beide Varianten nichts als egogetränkter Bullshit, der dich nur dazu bringen soll, dich nicht wohl in deiner Haut zu fühlen. Den selbst wenn wir auf der Gewinnerseite sind, sind wir bereits der nächste Verlierer. Alles, was wir uns erzählen, sind nichts anderes als "Die Welt deiner verrückten Geschichten", wie ich dir in dem Blog vor ein paar Wochen erklärt habe.
Wenn wir einmal verstehen, dass die Welt weder gut noch böse ist, oder wir weder zu den Gewinnern, noch zu den Verlierern gehören, selbst, wenn uns ein sogenannter Schicksalsschlag nach dem anderen ereilt, dann wird es interessant.
Denn alles, was du erlebst, ist dein Lehrmeister. Leider glauben viele Menschen, dass sie die Lektion auch unmittelbar verstehen müssen, um sie annehmen zu können. Doch, wie soll ich es dir sagen, meine Liebe? Es gibt einfach Erkenntnisse, zu denen wir nicht fähig sind, weil wir nicht bereit für sie sind.
Hattest du nicht auch einmal das Erlebnis, dass das sogenannten A-ha Erlebnis manchmal Jahre braucht. Vielleicht kann es sogar mehr als ein Leben brauchen. Viel entscheidender ist, dass wir immer lernen können, Verantwortung zu übernehmen. Selbst wenn Erfahrungen nicht sinnvoll oder - wie unser Ego sagen würde - gerecht erscheinen.
Denn es gibt Qualität, an denen du immer arbeiten kannst, wie z.B. die Verantwortung für die Art und Weise zu übernehmen, wie du auf ein Ereignis reagierst. Letztendlich sind es Empathie, Freude, Glück und Liebe, die wir kultivieren wollen. Und diese sind unabhängig von den Umständen.
Somit ist jeder Umweg, jede Niederlage, jede Ungerechtigkeit eine wunderbare Gelegenheit, zu zeigen, wie weit du bereits in deiner spirituellen Praxis gekommen bist (auch wenn das jetzt wieder nach Ego klingt ;).
Warum es so bedeutend ist, deinen Gleichmut und deine Gelassenheit zu kultivieren, indem du allen Situationen mit Liebe und Empathie begegnest, hat damit zu tun, dass wir alle längst wissen, dass das, was die Gesellschaft als Realität bezeichnet nicht wirklich ist, sondern immer veränderlich und vergänglich.
Das, was tatsächlich unendlich und zeitlos ist, ist der Umstand, dass das, was wir gemeinhin als Dramen bezeichnen, nichts anderes sind, als Spielarten einer Schöpfung, die nicht an Begrenzung gebunden ist.
Du wirst dich damit abfinden müssen, dass dein wahres Selbst weder sterblich ist, noch dass es am Drama der Welt interessiert ist. Und jedes Leid, jeder Fall sind nichts anderes, als ein Sprungbrett für einen Flug, der kein Ende kennt, weil selbst der Tod nicht den Schluss bildet.
Ich glaube, für uns alle ist es fast unmöglich, uns damit abzufinden, dass wir nicht sind, wer wir glauben zu sein. Doch schon allein der Gedanke, dass wir einfach hier sind, um für uns den Weg zu gehen, zu lernen, und alle Spielarten der Existenz auszukosten, hat für mich nicht nur Tröstliches, sondern ist eine Einladung, das Leben zu genießen.
Wie hat es der Guru von Ram Dass so schön gesagt:
"Siehst du nicht, dass alles perfekt ist?"
Diese Einladung, mit voller Liebe jeden Moment anzunehmen, ist wahrscheinlich, das Beruhigendste und gleichzeitig Beunruhigendste, was man als Mensch hören möchte. Je nachdem, ob du gerade auf der Seite der Liebe oder der Angst stehst.
Doch angesichts des Kummers und all des Leids, die uns die Angst in der Welt beschert hat, glaube ich, wäre das Grund genug, jeden Augenblick, der sich bietet, zu nutzen, um in das Lager der Fülle der Liebe zu wechseln. Selbst oder gerade wenn es dir momentan ergeht wie Hiob persönlich.
Denn letztendlich sind gerade all jene Erfahrungen, die uns scheinbar an unsere Grenzen bringen, nichts anderes als eine Chance, tiefer zu gehen in unserem Erleben, damit dir dein wahres Selbst die Hand reichen kann, um bereits hier und jetzt zu erleben, dass unser Dasein reicher und liebevoller ist, als alles, das wir uns vorstellen können.
Darum heiße sie alle willkommen: Die Berge an Erledigungen, die immer höher werden, die Hindernisse und Fallgruben auf deinem Weg, die Schicksalsschläge, die dich in Tränen zu ertränken drohen und all die Ängste und Ungerechtigkeiten, die dein Ego fast zum Zerbersten bringen. Gemeinsam mit der Liebe deines wahren Selbst, reiche ihnen allen die Hand, lasse sie sein, wie sie sind, und sei für sie da. Und dann lass es passieren: Das Wunder der Liebe.
Du liebenswerter Mensch da draußen. Wir alle gehen gemeinsam Wege, die wir nicht ergründen können, aber wir können alle lernen, uns mit ihnen zu verbinden. Und das ist die einzige Lektion, die wir stetig angehalten sind, zu lernen. Ich wünsche dir alle Liebe der Welt auf deinem Weg.
Schreibe mir, teile mir mit, was dich beschäftigt. Wir können uns auch gerne jederzeit (virtuell) zusammensetzen, um gemeinsam das Licht, das nicht immer sichtbar ist, freizulegen. Dafür bin ich da.
In Liebe,
dein Wolfgang
PS: Der Song "Lesson Learnt" des Londoner Singers und Songwriters Aaron Taylor aus dem Jahr 2016 beschreibt auf direkte aber liebevolle Art und Weise, dass wir es alle längst besser wissen und trotzdem immer wieder Ehrenrunden drehen, um uns noch eine Lektion abzuholen. Die Lyrics gibt es unterhalb.
Ayy
Ayy-ayy-ayy-ayy-ayy-ayy
You would've thought that I'd have learnt this all by now
It seems that I'm here again, some way, somehow
Every time the same old thing comes back around
If you don't learn to swim, then you'll sink, and then you'll drown
I guess it's a lesson learnt
If you play with fire, baby, you will burn
I guess it's a lesson learnt
If you play with fire, you'll probably burn
Is it my fault if I choose to ignore
The things that you've told me once or twice before?
Maybe I'd rather not understand
The things that I-I don't want as a man
I guess it's a lesson learnt
If you play with fire, baby, you will burn
I guess it's a lesson learnt
If you play with fire, you'll probably burn
Won't you teach it to me?
Ayy-ayy-ayy-ayy-ayy-ayy
Oh, won't you teach it to me?