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Ich bin Autor. Du auch. Nur ist dir vielleicht nicht bewusst, wie viele unzählige Geschichten du täglich produzierst.


Heute möchte ich mit dir über dein Leben sprechen, das du nicht nur zur Bühne machst, sondern das du auch dazu benutzt das Drehbuch für all die Dramen zu schreiben, die selbst Netflix zum Dokumentationskanal degradieren.



Die Liebe zu Geschichten


Alle Menschen sind verrückt nach Geschichten. Lange Zeit bevor es Unterhaltungsmedien gab, oder Bücher und Theater, versammelten sich alle rund ums Feuer, um Geschichten zu hören, die ihnen nicht nur halfen, ihr Überleben zu sichern, oder etwas zu lernen, sondern ebenso um all das zu teilen, was unser Leben spannend macht.


Und auch wenn sich immer wieder die Art und Weise verändert, wie uns Geschichten präsentiert werden, können wir alle nicht genug von den Abenteuern und Erzählungen bekommen, die uns aus der ganzen Welt und über die Zeit hinweg erreichen.


Von klein auf hören, sehen und staunen wir über die Wege der Menschheit, die einander im Prinzip immer wieder ähneln, und sich doch so vielfältig präsentieren, wie die Schöpfung selbst.



AI auf Autopilot


Es scheint fast so, als könnten wir unser Leben nur dann bewältigen, wenn es uns in Form von Geschichten präsentiert wird. Diese Erzählungen werden sogar von Generation zu Generation weitergegeben und ergeben das, was wir als Teil unserer Kultur erleben.


Nur gibt es eine Intelligenz, die uns unterwandert, lange bevor Menschen überhaupt die Idee hatten, uns auch noch mit künstlichen Intelligenzen zu manipulieren.


Ich spreche von deiner Angstintelligenz. Denn wenn wir einfach alle Geschichten internalisieren, die uns Eltern, Lehrer und andere einflussreiche Personen bzw. Personenkreise erzählen, bemerken wir gar nicht, das wir irgendwann damit beginnen, uns selbst jeden Tag die gleichen Mythen vorzusagen, die meistens dünkler daherkommen als jede Dystopie.


Im spirituellen Jargon sprechen wir vom Ego, das sich individuell und kollektiv als Stimme in unserem Kopf breitmacht, um dir stetig zu begründen, warum du nicht genügst, oder warum die Welt kein freundlicher Ort ist.


Und so wird ein von außen normal aussehender Tag, aus der Innenperspektive der Betreffenden schnell zu einem gelebten Alptraum, der damit beginnt, dass die Person bereits genervt die Augen öffnet, sich dann eine Portion Weltschmerz vom Handy holt, um dann herauszufinden, was mit ihr und ihrem Leben alles nicht stimmt.


Die meisten bekommen nicht einmal mehr mit, dass sie sich selbst die ganze Zeit Geschichten erzählen, warum ihr Leben furchtbar ist. Das geht soweit, dass in der Gemeinde, in der ich lebe, gerade eine Zeitschrift ins Haus geflattert ist, die uns angstgesteuerte Tipps gibt, wie wir alle Konflikte mit unseren Nachbarn vermeiden können, indem wir z.B. unsere Türen leise schließen.


Krieg beginnt tatsächlich im Wohnzimmer. Aber das ist nur so, weil viele Menschen an Geschichten festhalten, die nicht nur haarsträubend sind, sondern nur deswegen funktionieren, weil sie nicht einmal bemerken, dass sie damit ihr Leben vergiften.


Obendrein ist es so mit der Angst, dass sie in ihrer Unsicherheit nach einer immer größeren Dosis verlangt, sich zu rechtfertigen, und deshalb die Geschichten, die sie dir in den Kopf pflanzt mitunter nicht nur immer skurriler sondern in jedem Fall mehr werden.


So machen sich z.B. viele "gebildete" Menschen über Verschwörungstheorien von - ihrer Meinung nach - "unreflektierten" und "ungebildeten" Personen lustig, und bemerken dabei nicht, dass sie ihre Angst nicht nur im Würgegriff hat, sondern ihre Denkweise mindestens so paranoid und engstirnig daherkommt, wie das, das sie kritisieren.


Wir werden alle solange darauf trainiert, dazugehören zu wollen, dass wir gar nicht realisieren, dass erst dieses Bedürfnis uns jene angstgesteuerte Trennung beschert, der wir entkommen wollen.




Die Pausetaste


Der erste Schritt, deinen verrückten Geschichten, die dir dein Leben schwermachen, dich krank machen oder sogar unter die Erde bringen, auf die Spur zu kommen, ist - wie immer dein Bewusstsein.


Das bedeutet, dass du dich darin übst, so achtsam im Moment zu sein, dass du überhaupt bemerkst, welches Drama dein Verstand gerade produziert.


Sobald du deiner inneren Stimme zuhörst, wirst du zunächst sogar erschrecken, welche absonderlichen Gedanken, dir durch deinen Kopf gehen.


Doch wichtig ist dabei zu beachten, dass diese Ideen zwar durch dich kommen, aber meistens in der Angst geboren wurden, die deine Gesellschaft, deine Kultur und wir alle zusammen mit uns herumschleppen.


Das sage ich dir, damit du nicht glaubst, dass du deine Gedanken bist. Sonst müssten sich 99% der Menschheit gleich in die Psychiatrie einweisen lassen.


Stell dir ruhig immer wieder auf deinem Handy Erinnerungen, die dich stündlich darauf aufmerksam machen, wieder achtsam deine Gedanken zu beobachten.


Denn irgendwann wir dein Bewusstsein liebevoll die Pausetaste für dich drücken, und deinen verrückten Ideen liebevoll Einhalt gebieten.


Sagst du z.B. normalerweise, was für ein Idiot du bist, weil dir ein Missgeschick passiert ist, wirst du dich irgendwann einzubremsen, bevor du dich beleidigst.


Eine gute Sensibilisierungstaktik bildet der Satz:


"Welche Geschichte erzähle ich mir gerade?"


Auf diese Weise wirst du immer öfters hinterfragen, was du dir selbst erzählst, und erkennen, wie wenig hilfreich die meisten unbewussten Gedanken sind.



Der neue Autor


Im Prinzip kannst du davon ausgehen, dass es die Angst ist, die deine Gedanken verfasst, solange du im Mangel fremdgesteuert funktionierst.


Je öfters du aber bewusst wirst, desto mehr ist es die Fülle der Liebe, die sich daran macht, dir ins Ohr zu flüstern, wie deine Welt so aussieht.


So wundere dich nicht, dass du, sobald du viel achtsamer durch den Tag gehst, beginnst, immer wieder das Schöne, das Liebevolle in den meisten Situationen zu erkennen.


Selbst Trauer, Wut oder Egoausbrüche kannst du als interessante und bereichernde Episoden deines Tages sehen.


Das liegt daran, dass du, wenn du genauer hinsiehst, indem du im Moment bist, realisierst, dass alles nicht nur faszinierend sein kann, sondern auch eine wunderschöne Geschichte hat. Selbst das, was dich bisher nicht interessiert hat, oder sogar abgestoßen.


Doch im Gegensatz zu deiner Angst, die dich versucht zuzutexten, benutzt die Liebe in dir nicht einmal Worte, weil sie dir ihre Geschichten in der Stille deines Seins erzählt.


Somit kommt es zu der scheinbar paradoxen Situation, dass du mehr zuhörst, obwohl es nichts zu hören gibt, während du erlebst, was es bedeutet, zu Hause anzukommen.



Zwischen den Zeilen


Auf diese Weise entdeckst nicht nur wie unglaublich alles ist, das dich umgibt, sondern du erfährst auch, dass alles miteinander auf wundersame Weise verbunden ist.


Du verstehst, dass jede Reaktion, jedes Gefühl, das dich dazu veranlasst, auf die Welt zu reagieren, nichts anderes ist, als eine Geschichte, die dein Schicksal widerspiegelt, um dich etwas über dich zu lehren.


Bis sich dir offenbart, dass unter all den Geschichten eine Wahrheit steckt, die nur du finden kannst, als das Geheimnis deines Daseins.


Und so wird deine ganz persönliche Interpretation deiner ganz persönlichen Geschichte zum wertvollen Mosaikstein, der uns allen dazu verhilft, einander zu verstehen, und jene Einheit zu leben, die Geschichten überflüssig macht.



Ich wünsche dir, viele wunderbare Geschichten, die dir dein Herz schreibt. Lass mich wissen, welche es sind, indem du mir unten einen Kommentar hinterlässt, oder mir auf wolfgang.neigenfind@visionbord.com schreibst. Ich freue mich darauf, von dir zu hören.


In Liebe,

dein Wolfgang


PS: Der eindrucksvolle Song der Londoner Band Wolf Alice "The Last Man on Earth" aus dem Jahr 2021 handelt vor allem von der Arroganz unseres Egos, das davon ausgeht, das es die einzige Person ist, die von Bedeutung ist, während sie auf Erlösung wartet und nicht imstande ist, das zu hören, was von Bedeutung ist:


"You've really missed a trick when it comes to love

Always seeking what you don't have like what you do ain't enough

You'd like a light to shine on you"