Ich weiß, was viele von euch sagen wollen, oder vielleicht sollten. Wirklich? Ein Mann, der über die Befreiung der Frauen schreibt? Vielleicht kommt auch so manchen in den Sinn, dass es da doch nichts zu befreien gibt. Aber da bin ich absolut anderer Meinung. Ich würde sogar soweit gehen zu sagen, dass wir auch die Männer befreien sollten. Aber die sind einfach zu schwach dafür.
Deswegen, alle unabhängige Frauen da draußen! Seht es einfach als stellvertretenden Hilferuf eines Vertreters jenes Geschlechts, das nachwievor hauptsächlich damit beschäftigt ist, sich selbst und den Planeten totzukriegen.
Glennon Doyle (falls du jetzt nicht weißt, wer das ist, dann tu schnell etwas dagegen!) hat es in einem Interview wunderbar auf den Punkt gebracht, indem sie meinte, dass sie nicht verstehen kann, wie man als Mann auch nur einen Tag überleben kann, bei all der Unfähigkeit eigene Gefühle zu artikulieren.
Doch bevor wir darüber zu sprechen kommen, warum Männer die Frauen brauchen, möchte ich auch noch etwas darüber sagen, warum es noch immer so viel in Sachen Befreiung zu tun gibt
Auch wenn in Ländern wie Österreich oder Deutschland keine Frau mehr wegen ihrer Menstruation als unrein bezeichnet wird oder Witwenverbrennung bei uns nie üblich war, haben wir doch in unserer Kultur und Gesellschaft mehr oder weniger subtile Methoden gefunden, rationale Gründe anzuführen, warum es ein Problem bzw. ein Makel ist, eine Frau zu sein.
Ich sage nur "Schwangerschaft", und schon ist allen klar, worum es geht. Oder wie wäre es mit Technik, Führungspositionen, psychischen Erkrankungen oder öffentliches Image?
Es gibt kaum etwas, dass Frauen sagen oder tun können, das nicht reflexartig gegen sie verwendet wird. Und noch dazu von beiden Geschlechtern.
Beispiel? Ob ein Mann Kinder hat oder nicht, bzw. ob er welche möchte oder nicht, interessiert im Prinzip kein Schwein. Aber als Frau musst du sogar deinem zukünftigen Arbeitgeber im Bewerbungsgespräch offenbaren, wie viele Kinder du denn vorhast, in die Welt zu setzen. Ich glaube, den Grund dafür, können wir uns getrost sparen.
Abgesehen davon, dass selbst weibliche Berühmtheiten in irgendwelchen Interviews nach diesem Thema gefragt werden, ist es auf jeden Fall egal, was sie sagen, sie werden sicher dafür in der Luft zerrissen.
Als wäre das nicht schon demütigend genug, wird auf der ganzen Welt eine Frau so früh wie nur möglich objektiviert. Schließlich ist es ja auch der Lebensinhalt einer richtigen Frau, gut auszusehen, bzw. sich dafür schlecht zu fühlen, dass sie es nicht tut.
Gerade jetzt im Sommer ist es unglaublich mitanzusehen, wieviele Männer ihr nicht übersehbares Übergewicht mit möglichst wenigen Kleidungsstücken in unser Blickfeld rücken, während bereits junge Frauen überlegen eine kosmetische Operation machen zu lassen.
Die Pornografisierung der Gesellschaft hat das Ganze nicht wirklich besser gemacht. Ich kenne keine einzige(!!!) Frau, die in ihrem Leben noch nicht sexuell belästigt wurde. Hier in Österreich. Von braven, anständigen, gut riechenden Inländern.
Ach ja, hab ich ganz vergessen. Die sind ja alle selbst schuld, wenn sie sich so freizügig anziehen, wie wir es ihnen suggerieren. Ich frage mich nur, warum dann noch niemand über die ganzen Oben-Ohne-Bierbäuche auf den Straßen hergefallen ist. Und das, obwohl sie ja wirklich nicht mit ihren Reizen geizen.
Die raffinierteste Methode der Frauendiskriminierung bestand darin, sie in den Himmel zu heben. Und zwar als Mamis. Ist doch keine Verbindung so einzigartig wie jene zwischen einer Mutter und ihrem Kind. Da werden sogar Action Helden in den Schatten gestellt.
Und währende viele Frauen noch nicht bemerken, dass sie wieder einmal verarscht wurden, vergnügen sich die Männer bei ihrer gewonnenen Freiheit. Oder hast du irgendeine Schlagzeile darüber gelesen, dass sich wieder einmal ein Mann aus seiner Verantwortung gestohlen hat. Und Jugendämter schreiten prinzipiell nur ein, um Müttern ihre Unzulänglichkeit aufzuzeigen.
Immerhin hat selbst Vater Staat konstatiert, dass Kinder in die Welt zu setzen, keine Privatsache ist. Deswegen gibt es sogar ein kleines Schweigegeld, auch Familienbeihilfe genannt. Selbst bei der Karenz wird darauf geachtet, dass das Kinderbetreuungsgeld so gering ausfällt, dass kaum ein Mann auf die Idee kommt, es auch in Anspruch zu nehmen.
Zuhause bleiben ist das schon eher Müttersache. Die sind ja sowieso besser im Kinderhüten, Putzen und Kochen. Mitunter könnte man meinen, dass unsere Gesellschaft nichts anderes ist als eine alkoholgeschwängerte Männerfantasie. Hoppla, ist sie ja auch.
Und schon sitzen die Frauen in der Falle. Denn so werden sie nicht nur schön abhängig gehalten, vom Staat und vor allem Männern, sondern sie bieten auch eine ideale Angriffsfläche, für Kritik, Spott und Missachtung. Denn diejenigen, die da wagen, aus dem vorgekauten Bild auszuscheren, werden sicher von allen Seiten attackiert. Selbst von anderen Frauen.
Apropos: Noch kurioser als die schwanzgesteuerten Versuche der Männer, die Gesellschaft aufrechtzuerhalten, sind jene bemitleidenswerten Frauen, die versuchen, auf männlich zu machen, und dabei von niemandem wirklich für voll genommen werden bzw. an den Pranger gestellt werden.
Mindestens so schwierig gestaltet sich auch das alltägliche Dasein für jene Frauen, die der Wirtschaft und der Mangelideologie so sehr auf den Leim gegangen sind, dass sie nicht nur die Kinder versorgen, den Haushalt schupfen, sondern auch noch einem Job nachgehen, damit ihnen nicht so langweilig ist. Aber damit sie nicht größenwahnsinnig werden, bekommen sie ohnehin oft nur so viel bezahlt, dass gerade die Kosten für die Kinderbetreuung abgedeckt werden.
Die Liste der oben angeführten Zustände ist nicht zufällig so formuliert, aber sicherlich nicht ausreichend. Jetzt könntest du natürlich fragen, warum denn dann schon wieder Frauen den Karren aus dem Dreck fahren sollen. Die Antwort liegt auf der Hand. Oder hast du das Gefühl, dass das Patriachat funktioniert? (Achtung - rhetorische Frage!)
Es gibt noch einen Grund, der ebenso kein Zufall ist. Wenn du dich umsiehst, wird immer klarer, dass es einen Bereich gibt, der für uns alle immer mehr an Bedeutung gewinnt. Und zwar geht es um Menschen, die für andere Menschen da sind. Und da ist es mittlerweile so, dass mindestens drei Viertel jener, die an den Schnittpunkten menschlicher Beziehung arbeiten, also in Erziehungs- oder Sozialberufen, Frauen sind. Schelm, der da denkt, dass deswegen das Image dieser Berufe mindestens so im Keller ist, wie ihre Bezahlung.
Du siehst, wenn wir uns diese Situation genauer ansehen, ist der Klimawandel, oder Pandemien unser geringstes Problem.
Ja, wir brauchen gelebte Vorbilder. Für uns selbst, für alle Frauen, für alle Männer und vor allem unsere Kinder. Wir brauchen Frauen, die sich nicht mehr im Hintergrund halten, die nicht mehr glauben selbstlos sein zu müssen, was ja nichts anderes ist, als die Auffoderung dazu, sich möglichst schnell im Mangel oder in Krankheiten zu verlieren.
Wir brauchen das Feminine in seiner besten Version. Ohne Zurückhaltung, dafür voll Liebe.
Und um dies anzugehen, empfehle ich allen Frauen den Check Out aus ihrer Kultur. Du musst ja nicht gleich in ein anderes Land abtauchen, was sicher auch keine schlechte Idee ist, aber es ist schon viel passiert, wenn du dich aktiv von all dem Giftmüll an Überzeugungen, Manipulationen, Regeln und Dogmen befreist, die vor allem alle eines gemeinsam haben:
Frauen klein, abhängig und unzulänglich zu halten.
Erst letztens war ich fast schockiert zu sehen, dass die katholische Kirche in Österreich sich nur mehr dank all der unzähligen Frauen am Leben erhält, die von ihr zwar höflich, aber doch wie der letzte Dreck behandelt werden. Trotzdem finden sich immer noch genügend Frauen, die sogar dankbar dafür sind, endlich mitmischen zu dürfen. Jetzt, wo die Show unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattfindet, weil Männer Besseres zu tun haben.
Darum, liebe Frau da draußen, mein liebevoller Appell. Sag dich los, von allem, dass dich belastet, dich nötigt, dich beunruhigt, dein Leben erschwert, dich zwingt, dich belästigt, dich in den Hintergrund drängt, dir nicht zuhört, dich nicht ernst nimmt,...
Du musst dich ja nicht gleich deines ganzen Gepäcks entledigen. Geh es an, wie ein großes Projekt. Sagen wir eine Hochzeit. Du weißt schon, der Traum jeder Frau. Endlich im Hafen der Sicherheit der starken Arme, blablabla...
Doch im Ernst: Setze einen Schritt nach dem anderen. Beginne mit jenen Dingen, die für dich annähernd vorstellbar sind.
Wie wäre es mit Schlaf? Statistiken zufolge ist der Schlafmangel weiblich. Spätestens ab dem ersten Kind ist für viele Frauen Schluss mit Ruhe. Und auch wenn das nicht ausnahmslos für alle gilt, brauchst du nur auf die Väter zu blicken, um zu wissen, dass es auch anders gehen kann. 8 Stunden Schlaf sind für alle Menschen möglich, wenn sie ihrem Erholen auch genügend Priorität einräumen. Ich gehe oft bereits um 21:30 zu Bett, damit ich auch wochentags, wenn ich früh raus muss, ausgeruht in den Tag starten kann.
"Die Macht des Femininen ist die Macht der Ruhe und Erholung."
Martha Beck
Willst du wirklich ein Bild von Frau vorleben, die sich und ihre Bedürfnisse nicht ernst nimmt, von Selbstliebe gar nicht zu reden? Willst du wirklich, dass deine Tochter, dein Sohn von dir lernen, sich selbst nicht ernst zu nehmen, sich von anderen bzw. der Gesellschaft manipulieren zu lassen? Willst du wirklich, dass deine Kinder glauben, dass es kein Geschenk ist, eine Frau zu sein?
Als nächstes könntest du wieder jenen Bereichen Zeit schenken, die dein Herz höher schlagen lassen. Was hast du immer schon gerne getan, unabhängig davon, was andere davon gehalten haben? Setz dir als Ziel zuerst mindestens ein- bis zweimal pro Woche dieser Leidenschaft nachzugehen. Es gibt genügend Beispiele von Frauen, die diesen Weg bereits gegangen sind. Auch mit Haushalt, Beruf und Kindern. Du wirst überrascht sein, was alles möglich ist.
Gib dir Zeit zum Atmen, in Form von Achtsamkeit, Durchatmen, Meditation, Yoga oder Spaziergängen. Erwecke das Geschenk der Präsenz in dir.
Wenn wir schon dabei sind, ist es dann nur noch ein kleiner Schritt zur Intuition. Sobald du nämlich deine Umwelt und dich selbst viel aktiver und aufmerksamer wahrnimmst, wirst du beginnen, jenseits deiner fünf herkömmlichen Sinne, auch noch deinen sechsten Sinn zu entdecken. Jene Stimme, die aus deinem Bauch, deinem Herzen kommt, und die nicht zweifelt, sondern einfach weiß.
Irgendwann wirst du dann soweit sein, dich selbst als Frau völlig neu zu erleben, losgelöst von allem, was dir die Gesellschaft oder deine Kultur erzählen. Vielleicht wird das nach außen hin nicht einmal sichtbar sein. Doch für dich wird es einen enormen Unterschied machen.
Sobald du realisierst, wieviel Potential und Feuer darin steckt, dein Selbst zurückzuholen, hat der Weg für dich gerade erst begonnen. Doch der Unterschied besteht darin, dass du dich nun nicht mehr als Opfer, oder Leidende, oder Getriebene siehst, sondern als Schöpferin, die jeden Augenblick die Freiheit genießt, ihren Weg zu gehen.
Ich weiß schon, dass dies nur ein kleiner, bescheidener Auszug an Möglichkeiten darstellt, die sich dir bieten. Doch erstens wollte ich hier erst einmal den Funken dafür zünden, dass du dich auf den Weg machen möchtest, und zweitens stehe ich dir auch gerne noch persönlich zur Verfügung. Du kannst dich jederzeit gerne bei mir melden, unter wolfgang.neigenfind@visionbord.com. Ich stehe auch gerne für eine unverbindliches, längeres Gespräch zur Verfügung. Und diese Einladung gilt natürlich genauso für alle Männer. Sei es dir wert!
In Liebe,
Wolfgang
PS: Die junge kalifornische Künsterin Emmy Meli ist gerade einmal 22 Jahre alt, trotzdem ist sie bereits in mehrfacher Hinsicht ein Vorbild. Sie lebt nämlich ihre Leidenschaft ihr ganzes Leben lang. Und das ist die Musik. Und auch wenn ihr Song "I Am Woman" wirklich über Nacht zum Hit auf TikTok wurde, produziert sie schon seit Jahren ihre Lieder. Der Song selbst war eigentlich nichts anderes als ein Mantra, das sie sich selbst immer wieder vorgesagt hat, um sich selbst zu ermächtigen, bis es irgendwann zum Lied wurde, und sein Weg unaufhaltsam alle Herzen fand. Denn eines ist auch klar. Wenn deine Botschaft so authentisch ist, wie diese, geht alles von allein. Also, du kannst Emmys Mantra gleich zu deinem eigenen machen. Los geht's!