Als Mann einen Blogbeitrag über Frauen zu verfassen, offenbart entweder männliche Ignoranz, oder zumindest den armseligen Versuch, repräsentativ über die eigene Schwächen zu reflektieren.
So viel Mut habe ich allerdings aufgebracht, das Risiko einzugehen, mit einem Rucksack an guten Absichten, glorreich unterzugehen. Und? Schon neugierig, was da noch kommt? Ich auch!
Mir war schon immer klar, dass Männer die kraftlose Hälfte der Bevölkerung bilden. Doch erst als Jugendlicher, als ich von gleichaltrigen Mädchen nicht einmal belächelt wurde, begann ich darüber nachzudenken, warum das so ist.
Wahrscheinlich würden sich Männer, ohne ihre körperliche Überlegenheit, tatsächlich so unterlegen fühlen, dass ihre ohnehin bescheidene Lebenserwartung noch weiter sinken würde.
Es gibt ja nichts Entlarvenderes als männliche Gewalt. Sie ist sozusagen der empirische Beleg für die bereits gefühlte Schwäche aller Maskulinität. Tatsächlich werden dir die meisten Männer, die um sich schlagen, auch behaupten, dass sie aus reiner Notwehr gehandelt haben.
Was haben also Frauen an sich, das Männer so in Angst und Schrecken versetzt?
Ich glaube, es wäre eher angebracht zu sagen, was fehlt Männern, das ihnen das Gefühl gibt, so armselig zu sein.
Frauen, oder noch beliebter, Müttern, Schuld umzuhängen, ist zwar durchaus die übliche Variante, aber ein großer Haufen Mist, ist immer noch Mist.
Männer sind deswegen so schwach, weil sie sich selbst so fremd sind.
Ich werde dich nicht mit C.G. Jungs Archetypen behelligen, trotzdem möchte ich an dieser Stelle darauf hinweisen, dass es in all dem, was nun folgt, um typisch weibliche Attribute geht. Das bedeutet sie treffen nicht auf alle Frauen in gleichem Ausmaß zu, und sind auch bei Männern zu finden. Doch leider eindeutig zu wenig.
Welche Eigenschaften sind es nun, die Frauen so überlegen erscheinen lassen:
Shirley MacLaine sagt einmal in einem Film: "Alle Männer hoffen darauf, dass sich ihre Frauen nie ändern, tun sie aber. Und alle Frauen hoffen darauf, dass sich ihre Männer ändern, tun sie aber nicht."
Auch wenn dieses Zitat nicht ganz den tatsächlichen Gegebenheiten entspricht, spiegelt es doch die typischen Gesinnungen der Geschlechter wider.
Natürlich sind auch viele Frauen nicht der Feind ihrer eigenen Sicherheit und Stabilität. Trotzdem sind es eher die Frauen, die die Tatsache, dass Veränderung ein fixer Bestandteil des Lebens ist, nicht nur annehmen, sondern auch aktiv begrüßen können.
Viele Männer würden sich hingegen lieber ewig in ihrer Stagnation verlieren, bevor sie von sich aus eine Veränderung herbeiführen. Teilweise führt dies zu einem Ausmaß an Selbstverleugnung, dass selbst, wenn die Frau schon die Scheidung eingereicht hat, sie sich immer noch fragen, was eigentlich los ist.
Apropos: Wenn du alles belassen willst, wie es schon seit langer Zeit nicht mehr ist, spricht das auch nicht gerade für ein ausgeprägtes Reflexionsvermögen.
Während Frauen sich in vielen Fällen fast schon zu sehr in Frage stellen, negieren Männer oft die eigene Befindlichkeit. Schließlich müssten sie ja dann ihre Emotionen preisgeben.
Dass der Rucksack an verdrängten Gefühlen auf diese Weise nicht kleiner wird, ist offensichtlich. Das Resultat sind jede Menge Abwehrhandlungen, die auch nicht gerade gesundheitsfördernd sind, oder angestaute Frustration bzw. Aggression. Es endet auf jeden Fall meist mit dem vorzeitigem Exitus. Als hätten wir nicht schon genug Belege männlicher Schwäche.
Es gilt auch im 21. Jahrhundert immer noch als männlich, eigene Schwachstellen mit gespielter Stärke zu kaschieren. Und auch wenn dies oft mit einem Augenzwinkern passiert, sind längst überholte Geschlechtsstereotypen, dank einer Multi-Kulti-Sub-Popkultur, sogar bei Jugendlichen angesagter denn je.
Frauen hingegen dürfen sich heutzutage die Art ihres Auftretens viel eher aussuchen. Es ist ein wenig wie bei der Kleidung. Geh in die Damenabteilung, und du hast eine Riesenauswahl. Und dann kommst du in ein Zimmer mit 4 Shirts. Du fragst dich, ob du in einer Umkleidekabine gelandet bist, bis du bemerkst, es ist die Herrenabteilung.
Frauen können sich verletzlich und stark zeigen. Mädchen und Frauen halten Händchen, sind körperlich für einander da, umarmen einander innig. Selbst unter den aufgeklärtesten jungen Männern oder Jungen, wirst du kaum welche finden, die dieses Verhalten auch öffentlich zeigen würden. Und das nicht, weil sie es sich nicht heimlich wünschen. Eher im Gegenteil.
Ähnlich verhält es sich mit der Kommunikation. Frauen haben generell eher kein Problem ihre Gefühle und Situation zu artikulieren. Sie genießen es sogar, um des Redens willen, zu reden.
Und auch wenn du schon viele Männer finden wirst, die in diesem Bereich aufgeholt haben, gibt es doch eine enorme Differenz, wenn man die Themen betrachtet, die in Männerunterhaltungen abgehandelt werden.
Sätze wie: "In letzter Zeit habe ich das Gefühl, mich wertlos zu fühlen." "Ich weiß, was du meinst, mir geht es genauso." - wirst du in einem Gespräch zwischen zwei Männern doch eher selten hören.
Da muss oft ein "Hey du Arsch!" schon als Äquivalent für "Ich mag dich sehr." genügen. Die häufigsten Sätze bezüglich des existentiellen Dilemmas hören sich ungefähr so an: ".........................................."
Das Unvermögen, die eigenen Gefühle zu benennen, führt unweigerlich zu einer zurückgebliebenen Fähigkeit, Liebe in all ihren Formen adäquat und zärtlich auszudrücken.
Männer lassen lieben, oder drücken ihr Bedürfnis nach Zärtlichkeit eher über ihre Sexualität aus. Was in einer pornografisierten Gesellschaft nicht unbedingt zu ihrem Vorteil gerät.
So haben sich mittlerweile Männer aus dem Leben von jüngeren Kindern, außer Zuhause, nicht nur fast völlig verabschiedet, sie würden auch argwöhnisch beäugt werden, sollten sie dieselbe körperliche Innigkeit im Umgang mit den Kleinen an den Tag legen, wie Frauen.
Das Primat des wahrnehmbaren Bereichs als Beleg für Sinnhaftigkeit, war bis zu einem gewissen Punkt, sicherlich eine sinnvolle Vorgehensweise. Aber nicht nur in der Medizin, oder Physik, auch in allen anderen Wissenschaftszweigen haben die Experten längst erkannt, dass es Bereiche gibt, die sie mit empirischen Mitteln nicht erforschen können.
Interessanterweise waren es immer die Frauen, die sich mehr auf ihre Intuition verlassen haben, und schon immer gewusst haben, dass wir multisensorische Wesen sind. Das bedeutet unsere Fähigkeiten übersteigen bei weitem die Mittel, sie zu überprüfen.
Deswegen waren oder sind es vor allem die Frauen, die für diese Fähigkeiten verachtet, verspottet, oder sogar ermordet wurden. Doch in Zeiten, in denen bereits etliche Firmen erkannt haben, dass Menschen sich auch in der Arbeit verwirklichen und vollständig fühlen wollen, spürt man, dass wir an einem völlig neuen Punkt in unserer Geschichte stehen.
Doch momentan leben wir noch in einer völlig verrückten Welt. Obwohl es die Frauen sind, die in allen zwischenmenschlichen Bereichen, den Männern überlegen scheinen, sind es trotzdem oder gerade deswegen die männlichen Werte, die unser Welt nicht nur dominieren, sondern sie auch nicht gerade zum Positiven verändern.
Egal ob es um das Zeigen von Stärke, Wettbewerb, oder Dominanz geht. Sie sind die Maßstäbe nach denen nach außen hin, unsere Gesellschaft gemessen wird und funktioniert.
Kein Wunder, dass in dieser Welt, Männer aggressiv ihren Platz in den Chefetagen behaupten und sich den Großteil der Gehälter unter den Nagel reißen. Ahnen sie doch längst, dass ihr Modell keine Zukunft mehr hat.
Viele Frauen werden in dieser Widersprüchlichkeit aufgerieben, weil sie einerseits das - für sie meist sinnlose - Spiel der Männer mitspielen, und trotzdem diejenigen sind, die mit weiblichen Attributen, das Miteinander aufrecht erhalten müssen.
Dass dieser Irrsinn beide Geschlechter krank macht, ist mittlerweile allen klar. Und solange es gang und gäbe ist, dass Frauen zum Opfer gemacht werden, selbst wenn sie das nie sein wollten, haben wir tatsächlich ein Problem in unserer Welt.
Auch wenn es den Anschein erweckt, dass genügend Frauen das Wettbewerbsmodell angenommen haben, um mit einander zu konkurrieren, vor allem wenn es um die Aufmerksamkeit von Männern geht, ist es doch das Miteinander, das eigentlich den typischen, weiblichen Zugang in der Welt bildet.
Diese typisch feminine Eigenschaft, im Gegensatz zum männlichen Konkurrenzdenken, bildet für mich den Schlüssel, wie wir für uns alle, eine lebenswertere Welt erschaffen können.
Ich meine nicht nur das Miteinander als neues Gesellschafts- und Wirtschaftsmodell, sondern im ersten Schritt, das Verbinden von männlichen und weiblichen Anteilen in uns allen.
Nachdem die männliche Dominanz in allen Bereichen, egal ob in Familie, Bildung, Politik, oder Wirtschaft, ohnehin in der Sackgasse steckt, ist es höchste Zeit, dass wir uns alle mehr auf unsere weiblichen Attribute stützen.
Ich bin davon überzeugt, dass wir nur dann unser Bewusstsein entscheidend weiterentwickeln können, wenn wir all jenen weiblichen Eigenschaften, die ich oben aufgezählt habe, mehr Bedeutung zumessen, als typisch männlichen.
Wir können uns erst vollständig fühlen, wenn wir erkennen, dass wir beide Geschlechter in uns vereinen. Wenn wir männliche Entschlossenheit, Disziplin und Handlungsbereitschaft mit weiblichem Willen zur Veränderung, Reflexionsfähigkeit, Liebesfähigkeit, Kommunikation und Intuition verbinden, bietet das für uns alle eine Chance für eine völlig neue Zukunft.
Mir ist schon bewusst, dass es bereits jetzt viele Männer gibt, die ihre weibliche Seite offen leben, und auch etliche Frauen, sich zu sehr auf die männlichen Eigenschaften gestürzt haben. Trotzdem ist es vor allem die offizielle Gesellschaft, die aufgrund besserer Verkaufsmöglichkeiten, rückständiger daherkommt, als je zuvor.
Wie wäre es, wenn wir als Männer freiwillig in allen Bereichen einen Schritt zurücktreten, um mehr Raum zu geben, für echte Weiblichkeit, und nicht jene Karikatur von Femininität, die die meisten Frauen in ihrem Alltag leben müssen?
Für uns Männer reicht es fürs Erste, sich darauf zu konzentrieren, all jene essentiellen, weiblichen Schlüsseleigenschaften in unser Dasein zu integrieren. Denn auch bei der Verbindung der beiden Geschlechter, sind uns die Frauen wieder meilenweit voraus.
Wenn Männer erst verstehen, dass Weiblichkeit keine Bedrohung darstellt, sondern eine wahre Bereicherung für ihr Leben, brauchen sie auch keine Angst mehr haben, weil sie endlich sich selbst verstehen lernen, so wie sie wirklich sind.
Seit ich selbst ganz offen zu meinen weiblichen Anteilen stehe, fühle ich mich nicht nur selbstverständlicher als Mann, sondern erlebe mein Dasein endlich als vollständig. Und das wünsche ich mir für uns alle.
Wie immer, freue ich mich von dir zu hören, unter wolfgang.neigenfind@visionbord.com. Du kannst mir gerne Fragen stellen, mir etwas aus deinen Erfahrungen berichten, oder mich um ein Gespräch bitten. Ich freue mich immer darauf, von dir zu hören.
In Liebe,
dein Wolfgang
PS: Die US Songwriterin und Sängerin Kesha wuchs nicht nur in einem feministischen Haushalt auf. Als sie Donald Trumps "Grab the pussy..." Sager hörte, konnte sie nicht anders als 2017 den Song "Woman" herauszubringen. In einem Aufsatz zum Song schreibt sie: "Frauen halten den Schlüssel zur Menschheit in ihren Händen. Ich liebe es eine Frau zu sein."