
"Unser Verstand ist ein wunderbarer Diener, aber ein lausiger Meister"
Dieses Zitat, das ich von Ram Dass immer wieder gehört habe, ist der Kern des heutigen Blogs. Und wenn du dich in unserer aktuellen Welt umsiehst, brauche ich dir nicht lange erklären, dass wir ein Problem haben, wenn wir uns an dem orientieren, was wir als Verstand und Intellekt bezeichnen, das aber nichts anderes ist, als ein habitualisierter Amoklauf unseres Egos.
Tatsächlich haben wir uns an so vielen Enden in Sackgassen unseres sogenannten Verstandes verrannt, dass es gar nicht so einfach ist, zu entscheiden, wo ich anfangen soll.

Beginnen wir gleich mit dem kritischsten Punkt, der unseren Planeten nicht nur an den Abgrund gebracht hat, sondern auch noch ständig in Blut tränkt. Ich spreche vom Recht haben, vom im Recht sein, von allem, was die Welt unweigerlich in Gegensätze spaltet.
Wir hatten ja in Österreich wieder einmal Wahlen, und wie hinlänglich bekannt, schaffte es eine sogenannte rechtspopulistische Partei, die anteilsmäßig meisten Stimmen auf sich zu vereinen.
Das führte überall wieder zu einer Diskussion darüber, wie beschränkt, bildungsfern, leicht zu manipulieren oder einfach primitiv all diese Menschen sein müssen. Zumindest sehen das vor allem jene so, die nie und nimmer die FPÖ wählen würden.
Keine Sorge, das wird jetzt keine Diskussion über politische Inhalte. Was mich aber sehr wohl interessiert und fasziniert, ist die Selbstverständlichkeit mit der sich viele Menschen anderen überlegen fühlen, aufgrund gewisser Dinge, die sie tun oder nicht tun. Und während sie sich in ihrer Rechtschaffenheit sonnen, die ihrer Meinung nach, auf Intelligenz und Bildung basiert, bemerken sie gar nicht, dass sie genau jene von rechts überholen, denen sie Populismus, Ausgrenzung und Engstirnigkeit vorwerfen.
Doch das ist nicht nur bei Wahlen so. Eigentlich findest du jeden Tag überall Menschen, die davon überzeugt sind, im Recht zu sein. Was ja an und für sich nichts Schlimmes wäre, wenn es nicht gleichzeitig bedeuten würde, dass sie auf diese Weise, nicht nur sich selbst sondern auch jenen schaden, die ihrer Meinung nach im Unrecht sind.
Der Grund für die Misere, liegt in der Ursache des Bedürfnisses Recht zu haben. Denn dieses entspringt geradewegs jenem angstgesteuerten Ego, das immer auf der Suche nach Problemen ist, und erst zufrieden ist, wenn alle unzufrieden sind.
Du glaubst mir nicht? Dann denke darüber nach, wann du zum letzten Mal unbedingt das Recht auf deiner Seite haben wolltest, wie du deswegen mit deinen Mitmenschen umgegangen bist, und wie glücklich du dabei warst.
Wenn du jetzt kein ausgewiesener Psychopath bist, dann wirst du sicherlich bemerkt haben, dass selbst dein Triumph - solltest du überhaupt einen erlebt haben - Wunden bei dir hinterlassen hat. Schon allein deswegen, weil du andere, vielleicht sogar deine Liebsten, dafür attackieren musstest.
Unser Verstand, der sich selbst überlassen ist, bzw. von unserem Ego dirigiert wird, kann für alles vernünftige Gründe nennen, sogar für das Foltern und Töten von Mitmenschen. Und all die Kriege auf der Welt sind sicherlich Resultat eines Denkens, das mit allen Mitteln seinen Wunsch, Recht zu haben, durchsetzen möchte.
Nicht umsonst findet sich im Kurs in Wundern das berühmte Zitat, das lautet: "Möchtest du Recht haben, oder glücklich sein? Beides geht nicht."

Dein Verstand mag sich jetzt bereits wehren, indem er damit argumentiert, dass es eben der Unterschied an Wissen und Aufklärung ist, der darüber entscheidet, ob Menschen sich total verrennen.
Doch noch nie war es offensichtlicher, dass Wissen allein völlig beliebig und richtungslos daherkommt. Schon der Umstand, dass eine Software wie Google oder ChatGPT innerhalb von Sekunden, alles an angehäuften Fakten aufrufen können, zeigt uns, wie bedeutungslos es ist, Wissen anzuhäufen.
Denn auch wenn wir immer noch so tun, als gäbe es einen Wettbewerb an Intelligenz, der mit standardisierten Tests bzw. PISA erhoben werden könnte, bemerkt kaum jemand, wie irrelevant dieser verordnete Genitalvergleich ist.
Versteh mich nicht falsch. Ich bin neugierig und lerne aktiv mein ganzes Leben lang. Doch ist es mehr als befremdlich für mich, wenn der Wert von Menschen an Kategorien gemessen wird, die beliebiger nicht sein könnten.
Denn nicht nur, dass es unzählige Arten von Intelligenz gibt, von denen wir viele einfach ignorieren, ist es für dein Glück oder dein Leben nicht wirklich relevant, ob du eine Begabung hast, die dich von mehr als 90% deiner Mitmenschen unterscheidet, aber zufälligerweise von der Wirtschaft, Kultur, oder Politik als nützlich auserkoren wurde.
Denn selbst wenn dich dieses Talent zum reichen Menschen macht, heißt das nicht, dass damit deine Probleme aus der Welt geschafft wurden. Oft sogar im Gegenteil. Sieh dir nur all jene sogenannten Ausnahmetalente an, die gerade an ihrem besonderen Status gescheitert sind.
Denn die Gesellschaft benutzt uns alle gerne als Ressource, aber niemand interessiert es, wie es uns dabei geht, ob du nun als Genie gehandelt wirst, oder als geistig zurückgeblieben.

Und schon sind wir dort, wo das Unheil seinen Lauf nimmt. Denn vielleicht bist du ja selbst nicht so an deiner potentiellen Intelligenz so interessiert wie die Gesellschaft.
Schule als Durchschnittsfalle zeigt sehr "eindrucksvoll", dass es keine Korrelation zwischen Intelligenz und Schulerfolg gibt und obendrein tut sie alles, um Bildung zu verhindern.
Denn eigentlich hätten wir ja alle genug Verstand, um unser Potential auf eine Weise zu entfalten, die nicht nur uns persönlich entgegenkommt, sondern der gesamten Menschheit.
Doch geht das sicherlich nicht, wenn allen Kindern und Jugendlichen dasselbe, rückwärtsgewandte Halbwissen aufgezwungen wird, dass am Ende im besten Fall junge Absolventen produziert, die zumindest so tun können, als hätten sie von irgendetwas eine Ahnung.
Mir ist schon klar, dass ich hier polemisiere. Aber als ein Mensch der über 40 Jahre seines Lebens in verschiedenen Schulen verbracht hat, wirst du mir das hoffentlich verzeihen.
Immerhin ist Schule eine wunderbare Metapher für das Missverständnis, Bildung mit Wissen zu verwechseln. Nicht die in Dauerschleife laufende Reproduktion von Fakten oder der sinnlose Versuch, allen Wissen aufzuzwingen, führt zu Bildung, sondern erst die Möglichkeit das eigene Potential als Bewusstseinsbildung zu entfalten.

Im Prinzip geht es uns allen gleich. Wir werden von der Gesellschaft dazu genötigt, so schnell wie möglich, irgendetwas zu finden, dass uns zum gehorsamen und funktionierenden Rädchen einer Kultur macht, die Abweichler erst dann anerkennt, wenn sie die Massen begeistern können, und das auch oft erst nach ihrem Ableben.
Dieser Zeitgeist kann mit Bewusstsein genauso wenig anfangen, wie mit Spiritualität. Noch dazu, wo diese Attribute meist erst in der Stille, ohne Worte, dafür mit Achtsamkeit und Präsenz lebbar sind.
Stell dir nur vor, man würde zwei Staatsoberhäupter, deren Länder sich miteinander im Krieg befinden, dazu nötigen, einander wortlos gegenüberzusetzen, dabei die Hände zu reichen und einander in die Augen zu blicken.
Die Unfähigkeit Authentizität und Liebe zu ertragen, ist sozusagen das Sinnbild für eine Welt geworden, die sich in ihrem kollektiven Ego verloren hat und eine absurde Logik nach der anderen dabei ausspuckt.
Angesichts des rasanten technischen Fortschritts fühlen sich sogar alle bestätigt, dass der Verstand das Maß aller Dinge ist, selbst wenn die Nebenwirkung darin besteht, dass wir uns selbst ausradieren.
Dabei könnten wir soviel lernen, wenn wir das unmittelbare Erleben wieder zulassen, als jene Mystik, die uns wieder die Tiefe unserer Herzen vermitteln kann.

Wenn wir den Mut haben, den Weg des blinden Verstandes zu verlassen, landen wir unweigerlich auf dem Pfad des Bewusstseins, das ohne Worte so vieles sagen kann.
Und so schließt sich der Kreis. Denn begibst du dich auf die spirituelle Reise, erkennst du bald, dass unsere Präsenz, unser Bewusstsein jener Meister ist, der den Verstand zum wunderbaren Diener machen kann.
Damit meine ich, dass wir alle, wenn wir unserem Herzen folgen, wenn wir integer leben und auch das umsetzen, was für uns von Bedeutung ist, unser schöpferisches Potential leben können, auf eine Weise die uns allen Gutes tut.
Das ist es was letztlich den Unterschied ausmacht, zwischen Wissen und Weisheit. Während Wissen völlig beliebig und sogar gefährlich sein kann, ist es die Weisheit, die nicht nur uns selbst Richtung gibt, sondern der gesamten Menschheit.
Darum, meine Liebe, kannst du dich ab nun jeden Tag fragen, ob du nicht auch den Weg der Weisheit einschlagen möchtest, indem du auf dein Herz hörst, um deinen Verstand wieder die Möglichkeit zu geben, dir und uns allen zu dienen.
In Liebe,
dein Wolfgang
PS: Wenn du mir schreiben möchtest, du Fragen hast, oder ein Gespräch mit mir wünschst, dann schreib mir unter wolfgang.neigenfind@visionbord.com, oder hinterlasse mir unten einen Kommentar. Ich freue mich darauf, von dir zu hören.
PPS: Als Paul McCartney im Jahr 1970 eines Nachts nicht gut schlafen konnte, weil er von Ängsten geplagt wurde, hatte er schließlich einen Traum, in dem ihm seine Mutter Mary, die bereits seit über 10 Jahren tot war, erschien, um ihm zu sagen: "Let it be. There will be an answer, let it be." Als er aufwachte, hatte er so ein positives Gefühl, dass er sich hinsetzte, um den Song "Let It Be" zu schreiben, der genau jene wortlose Weisheit verkörpert, die wir brauchen, wenn wir an die Grenzen unseres herkömmlichen Verstandes stoßen.