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Hast du dich schon einmal schlecht gefühlt? Und hast du dich auch schon mal schlecht gefühlt, weil du dich schlecht gefühlt hast?

Heute möchte ich auf den Druck eingehen, der auf allen Menschen lastet: nämlich ein besserer Mensch zu werden. Interessanterweise hat sich in dieser Angelegenheit scheinbar eine Allianz gebildet, zwischen Ansprüchen der Gesellschaft und Trends in der Persönlichkeitsentwicklung.

Was ich genau damit meine, und wie du dieser Zwickmühle entkommen kannst, möchte ich dir im heutigen Blogpost erläutern.

Teuflische Loops und Kreise

Wir Menschen sind faszinierende Wesen, mit Fähigkeiten, die erstaunlich sind. Und das in alle Richtungen. So schaffen wir es auch, in Sachen Selbstsabotage und -zweifel nie geahnte Höhen - oder sollte ich sagen Tiefen? - zu erreichen. Neurotisches, zirkuläres Denken, oder auch gedankliche Loops sind das beste Beispiel dafür.

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Durch unser Abstraktionsvermögen in unserem Vernunftshirn, gelingt es uns, alles, was wir denken oder tun, im Nachhinein anzuzweifeln bzw. zu hinterfragen. So wissen wir, dass ein Zuviel an Angst, Zweifeln oder schlechtem Gewissen uns nicht gut tun. Und dieses Wissen führt bei nicht so wenigen Personen dazu, dass sie bereits Angst vor der Angst haben, oder an ihren Zweifeln zweifeln, oder - du ahnst es bereits - ein schlechtes Gewissen haben wegen ihres schlechten Gewissens.

Das passiert alles nur, weil wir doch entsprechen und besser sein wollen. Doch führt das in diesem Fall direkt in die selbst inszenierte Hölle von gedanklichen Kreisläufen und Loops, die sich nicht mehr schließen lassen, und uns immer weiter ins Verderben reiten.

Je mehr wir versuchen, uns zu bessern, desto verfahrener wird die Lage, und desto schlimmer wird die Situation.

Der Zwang zur Optimierung

Verwunderlich sind solche Auswüchse nicht so sehr, wenn du bedenkst, wie sehr du dein ganzes Leben lang zuerst zum Objekt degradiert wirst, um schließlich den Bedarf zur Optimierung zu orten. 

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Egal ob in der Familie, in der Gesellschaft, oder in Wirtschaft und Politik, überall steht deine optimale Funktionalität im Vordergrund. So wäre es gut, wenn du möglichst jung, flexibel, dynamisch, fit, attraktiv und unterhaltsam rüberkommst. 

Was die plastische Chirurgie an Versprechen nicht halten kann, kannst du problemlos über Produkte mit dem richtigen Image kompensieren. Und schon wird dir klar, warum nicht nur Menschen, die an persönlichem Wachstum interessiert sind, ständig dabei sind, sich upzugraden.

Leider entdecken wir bald, dass wir nicht alles haben können, was gerne hätten. Denn selbst jene, die sich finanziell jeden Wunsch erfüllen können, leiden am selben Gefühl der Leere, kurz nachdem die nächste Errungenschaft im Haus ist.

Und so leiden wir alle in der Wohlstandsgesellschaft unisono am gleichen Zwang uns und unsere Umgebung ständig zu optimieren, mit dem Wissen, dass dies eigentlich unmöglich ist. Schließlich wartet das nächste Update bereits auf dich.

Ewiger Vergleich

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Als wäre das Gefühl nicht genug zu sein bzw. genug zu haben, nicht schon quälend genug, legen wir noch eins drauf, indem wir uns auch noch miteinander vergleichen.

Und - Überraschung - findest du doch tatsächlich immer jemanden, der noch mehr hat, eine neuere Version, schlanker und fitter ist, besser aussieht (auch wenn diese Person das sicher nicht so sieht), beliebter ist, mehr Erfolg hat, usw.

Dazu gibt es ein hervorragendes Beispiel. Der amerikanische Schauspieler Joseph Gordon-Levitt kann dir ein Lied davon singen. Hier sein TED Talk dazu:

Wie du gerade gehört hast, liegt es nicht daran, dass du noch nicht berühmt oder erfolgreich bist, wenn du dich als unzureichend fühlst. Schließlich gab und gibt es unzählige Beispiele von Prominenten, die dieses Gefühl mindestens so gut kennen. Denk nur an Menschen wie Marylin Monroe, Lady Di, Michael Jackson, George Michael, oder Robin Williams.


Eine Welt des Scheins

Wir alle leiden unter der Scheinmoral unserer Welt. Obwohl wir längst wissen, dass der Markt und seine kühle Berechnung unsere Weltordnung diktieren, tun wir immer noch so, als gäbe es klare Richtlinien.

Siehst du aber genauer hin, bemerkst du bald, dass das was "man" tut, sich hauptsächlich an Interessensgruppen oder am Zeitgeist orientiert, und mit Moral nicht viel gemeinsam hat.

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Dazu ein kleines Beispiel: Gab es 2017 noch ein Vermummungsverbot in Österreich, wurden durch die Pandemie die Verhältnisse durch die geltende Verpflichtung zur Vermummung umgekehrt. Ganz so, als wären jetzt die Gründe, die vorher angeblich so dringend waren, das Gesetz zum Verbot zu erlassen, auf einmal in Luft aufgelöst. Und um noch eines draufzulegen, ist seit Juni 2023 das Verbot wieder in Kraft, mit der Einschränkung, dass du dich sehr wohl vermummen darfst, wenn du medizinische Gründe dafür hast.

Oder denke an das Rauchen, das von cooler Dauervernebelung zur verpönten Belästigung wurde. Genauso wurden die USA vom Schmelztiegel der Nationen, zum xenophoben Nationalstaat. Dabei rief noch George Bush Sr. als Republikaner dazu auf, illegale Einwanderer und ihre Familien nicht in Stich zu lassen, und sie zu beschützen.

Du siehst, die "Wahrheit" oder in diesem Fall die "Moral" ist eine Tochter der Zeit und des Zeitgeistes. Was gestern noch ok war, ist heute ein No Go, und umgekehrt. Werte und Logik suchst du oft vergebens. Kein Wunder, dass wir den Durchblick verlieren.

Wenn Schönes zur Pflicht wird

Auf der Suche nach hehren Werten und der verlorengegangenen Spiritualität wenden sich immer mehr Menschen Programmen und Coaches zu, die ihnen dabei helfen sollen, neue Orientierung zu finden.

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Nicht selten passiert aber bei diesen Angeboten genau dasselbe, wie in der Welt, der die Menschen entkommen wollen. Es kommt zu einer Orientierung an Maßstäben des Marktes und Konsumdenkens.

So werden Programme und Trainings, die dir eigentlich Glück verheißen, schnell zur lästigen Pflicht, zum Stress und zur Belastung. Ganz nach der Devise: "Ach Gott, jetzt muss ich auch noch glücklich sein. Wie mühsam!"

Nicht lachen! Das ist wirklich für viele ein ernstes Problem und der Grund, warum sie denken, dass Glück und Gelassenheit nur ein Werbeversprechen sind von Menschen, die ihre edle Gesinnung nur vorgeben, um ihnen das Geld aus der Tasche zu ziehen.

Wechsel der Perspektive

Glück und Zufriedenheit im Außen zu suchen, ist wie auf die Sonne zu warten, in einer Höhle, die nach Norden schaut. Der Grund, warum wir uns alle vergeblich abstrampeln, unabhängig davon, wie erfolgreich wir sind, ist ja nicht der, dass wir noch nicht erfolgreich genug sind, oder noch nicht das Richtige gefunden haben.

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Der entscheidende Punkt ist deine Perspektive. Richtest du deinen Blick auf die Welt da draußen, auf die Personen in deiner Umgebung, deinen Status, deinen materiellen Besitz, befindest du dich im Reich deines Egos, das nur eine Aufgabe hat: Dich unzufrieden zu halten, dein Leiden.

Um aus dieser Hölle zu entkommen, gibt es nur einen Weg. Du musst nur deine Sichtweise umkehren und nach innen richten. Denn sobald du nach innen schaust, gibt es keinen Vergleich mehr.

Außerdem erfährst du durch die Introspektion, dass es da überhaupt nichts zu verbessern, oder zu optimieren gibt. Sobald du bei dir bist, dich selbst bewusst im Moment spürst, erlebst du dich als Teil des vollkommenen Ganzen, ohne Mangel.

Fokussiertes Loslassen

Was da wie eine Paradoxie daherkommt, ist das urmenschliche Prinzip. Wir haben an einer unbegreiflichen Göttlichkeit teil, ohne sie völlig verstehen zu können. Doch genau die scheinbar widersprüchlich wirkenden Kräfte offenbaren unser unglaubliches Potenzial.

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In diesem Fall geht es darum, dass du völlig loslässt und gleichzeitig gezielt deinen Fokus auf Bereiche lenkst, die dir wichtig erscheinen. Wie das vereinbar ist?

Es geht darum, dass du deiner Leidenschaft folgst, aus ganzem Herzen, und dich nicht an ein Ziel bindest. Das bedeutet, du trainierst die ganze Zeit im Moment zu sein, was dir hilft, alles loszulassen. Und währenddessen folgst du dem Ruf deiner Bestimmung, ohne Erwartungen, was passieren soll, oder wohin die Reise gehen soll.

Die Kombination aus Flow und Innenschau helfen dir dabei, zu realisieren, dass der Prozess, dein Weg, die Gnade deiner Existenz bilden, die du jeden Augenblick dankbar genießen kannst.

Du siehst, es gibt weder ein Ziel, noch ein Ankommen, also auch keinen Grund, dich zu verbessern, optimieren oder zu vergleichen. Auch wenn du rückblickend voll Erstaunen feststellen wirst, wie viel du gewachsen bist und gelernt hast.

Ich wünsche dir, dass dich dein Weg zu innerer Gelassenheit und Zufriedenheit führt, weg vom Druck äußerer Hektik und Funktionalität. Falls du mehr Unterstützung brauchst, um den Mut aufzubringen, dich auf den Weg zu dir selbst zu machen, melde dich einfach bei mir für ein unverbindliches Gespräch. Ich würde mich freuen, von dir zu hören unter wolfgang.neigenfind@visionbord.com.

Alles Liebe,

dein Wolfgang

PS: Das 2021 erschienene Debütalbum der irischen Künstlerin Orla Gartland ist nicht nur musikalisch bemerkenswert. Denn irgendwie wirken alle Songs wie eine Mischung aus Reflexion und Persönlichkeitsentwicklung. So auch der Titel "You're not Special, Babe", der beim ersten Lesen in unserer egogesteuerten Kultur nicht gerade positiv rüberkommt. Doch Orla betont im Interview, dass das Gegenteil der Fall ist. Sie will uns damit sagen, dass wir alle Dasselbe durchmachen und erleben, und somit kein Grund besteht, uns als Opfer zu erhöhen, oder nicht den Moment zu genießen. Schließlich ist er immer eine Gelegenheit zu lernen.