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Sieh dich um! Was siehst du?

 

Und schon findest du dich wieder im Reich der Fantasie. Im Reich der Begriffe, der Kategorien. Im Land der Geschichten. Ist das nicht schön? Wunderschön sogar.

 

Liegst du auf dem Rücken im Gras, lässt deine Seele baumeln und versuchst Tiere in den vorüberziehenden Wolken über dir zu erkennen, ist dir völlig klar, was du tust.

 

 

Die Vermessung der Welt

 

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Du würdest nie auf die Idee kommen, anzunehmen, dass die soeben erdachten Tiere tatsächlich über dir eine Parade abhalten. Interessanterweise tun wir aber oft genau das.

 

Wir versuchen Umstände, Objekte, Personen zu erkennen, um sie anschließend sofort einer Kategorie zuzuordnen. So gelingt es uns ja auch, die Welt zu verstehen.

 

Was wir dabei aber übersehen, ist der Umstand, dass sobald wir Kategorien und Bezugssysteme aufgebaut haben, es sehr schwierig wird, sie wieder loszuwerden, selbst wenn wir bemerken, dass sie zum Hindernis freien Denkens werden können.

 

So wird der harmlose Blick aus dem Fenster schnell zu einer willkürlichen Festlegung der Welt, die vieles gar nicht wahrnimmt, das nicht in unsere Schubladen passt, oder oft unsere Sichtweise auf eine Weise einengt, die nicht immer hilfreich ist.

 

Denk nur an eine Frau am Steuer eines Fahrzeuges, einen Obdachlosen am Straßenrand, oder Jugendliche, die sich auf einem Platz versammelt haben.

 

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Wenn du jetzt bedenkst, dass unser Bewusstsein Bilder mittels Emotionen manifestiert, wird die Sache noch komplexer und auf keinen Fall wirklichkeitsgetreuer. Denn Gefühle führen schnell zu Bewertungen und Beurteilungen.

 

Ich erinnere dich noch einmal an die Frau hinter dem Steuer, oder den Obdachlosen. Welche Emotionen schwingen hier mit? Welche Bewertungen?

 

 

Deine persönlichen Filter

 

Du siehst. Wenn wir nicht darauf achten, überziehen wir unsere Welt sehr schnell und oftmals unbewusst mit unseren ganz persönlichen Filtern. Und das obwohl wir noch gar nicht mit ihr interagiert haben.

 

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Kommt nämlich dieser Aspekt auch noch hinzu, kann von Objektivität so gut wie keine Rede mehr sein. Haben doch die meisten von uns die Tendenz dazu, alles was ihnen widerfährt, völlig auf sich zu beziehen.

 

Auch wenn die egozentrische Perspektive eigentlich nur eine Phase in der kindlichen Entwicklung sein sollte, entwachsen ihr nur die wenigsten. Dies geht soweit, dass sich immer wieder Menschen von anderen regelrecht verfolgt fühlen.

 

"Und wo bitte", magst du dich jetzt fragen, "ist hier der Realismus?" 

 

Tja, das frage ich mich auch. 

 

Umso erstaunlicher ist es, dass die meisten Zeitgenossen, davon ausgehen, dass ihr Blick auf die Welt tatsächlich der Realität entspricht. Oder noch besser: Viele fragen sich allen Ernstes, warum es so viel Streit auf der Welt gibt, Konflikte oder gar Krieg.

 

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Zeitgeschichte oder Politik sind ja im Grunde nichts anderes als eine relativ beliebige Interpretation der Wirklichkeit, die auch völlig komplementär erzählt werden kann und auch wird.

 

Hast du dich auch schon einmal gefragt, warum gewisse Personen in der Heldengalerie ihren Platz finden, während andere, die sich ähnlich verhalten haben, auf ewig als Verbrecher gebrandmarkt werden?

 

 

Die Unmöglichkeit klar zu sehen

 

Doch wir müssen gar nicht so groß ausholen. Dein Alltag ist voll von Geschichten, die du dir über dein Leben erzählst, vermischt mit all den Erzählungen der anderen. Die dementsprechend oft miteinander kollidieren.

 

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Da wäre es schon hilfreich, wenn es Institutionen gäbe, die uns dabei helfen, klarer zu sehen. Doch wohin du dich auch wendest, wirst du eher Gehilfen deines paranoiden Egos finden, aber sicher keine Erhellung.

 

Selbst sogenannte Qualitätsmedien waren nie daran interessiert, die Wirklichkeit so widerzugeben, wie sie ist. Und jetzt, wo alle ums Überleben kämpfen im Jahrmarkt der Eitelkeiten, des Gesehen Werdens, hast du nur eine Chance die Realität zu erhaschen, wenn du einen möglichst großen Bogen um sie machst.

 

Berücksichtigen wir dann auch noch typische Fehler in der sozialen Wahrnehmung, wie z.B. den berühmten, ersten Eindruck, oder Phänomene der Gestaltpsychologie, wie den Willen zur guten Gestalt (z.B. einzelne Punkte, die wir als Figur sehen), dann scheint die Wiederentdeckung der Realität fast eine Mission Impossible.

 

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Vielleicht trifft ja sogar die These eines amerikanischen Forschers zu, der meint, dass wir die Welt gar nicht wirklichkeitsgetreu wahrnehmen können, weil uns das einen evolutionären Vorteil verschafft hat.

 

 

Die Sache mit der Höhle

 

Im Prinzip spräche ja gar nichts gegen eine Blase unserer persönlichen Realität, wenn da nicht das nicht zu übersehende Detail wäre, dass die Art und Weise, wie wir die Welt erfahren, uns nicht nur krank macht, sondern auch für all das Leid und Elend verantwortlich ist.

 

Sind wir - frei nach Platons Höhlengleichnis - jene Gefangenen im Dunkeln, die nur die vagen Schatten von Abbildern dessen sehen, was wirklich ist, ist es genau jener Geist, der uns doch die Krone der Schöpfung versprochen hat, der uns ankettet und zurücklässt, unseren Dämonen ausgeliefert.

 

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Denn dort in der Verblendung unserer Wahrnehmung gedeihen sie alle: Vorurteile, Stereotypen, Bewertungen, Unzulänglichkeiten, Identifikationen, Feindbilder und Paranoia.

 

Glauben wir unseren eigenen Trugbildern, unseren eigenen Geschichten, laufen wir direkt in unser eigenes Unglück, ohne Hoffnung auf Erlösung. Und das gilt nicht nur für uns privat, sondern sogar global.

 

Doch wie können wir nun die Realität tatsächlich wiederentdecken? Wie können wir uns aus der Höhle befreien, um hinauf ins Licht der Erkenntnis zu klettern?

 

 

Zurück ins Sein

 

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Es ist jener Schritt zurück, der unseren präfrontalen Kortex, als unser Vernunfthirn, auf Urlaub schickt. Diese Fähigkeit haben wir schon immer in uns getragen. 

 

Nur wurde sie von unserer aktiven Denkleistung verdrängt. Es ist die Art und Weise, wie Kleinkinder die Welt betrachten, weil sie noch keine Begriffe kennen. Es ist das Gewahrsein von etwas, das wir nicht benennen können oder wollen. Es ist reines Sein.

 

Auch du als Erwachsener bist noch dazu fähig, zu sein. Lass es uns gleich versuchen: Setzt dich hin, schließe die Augen, und dann nimm einfach wahr, was sich in dir und außerhalb von dir so tut, ohne diese Wahrnehmungen zu benennen.

 

Diese Art des Gewahrseins im Moment, ist auch der Grund, warum der Mythos entstanden ist, dass du beim Meditieren das Denken verhindern willst. Denn auch wenn das so nicht ganz zutrifft, ist es doch die Präsenz, die nur stattfinden kann, im Raum vor dem Gedanken.

 

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Und so kannst du eigentlich den ganzen Tag immer wieder versuchen, ausformulierte, konzeptionelle Gedanken, Benennungen und Bewertungen sein zu lassen.

 

Übe dich jeden Tag darin, so oft wie möglich, die Welt einfach wahrzunehmen, zu beobachten und zu erkunden, ohne sie zu benennen, oder einzuordnen, oder gar zu bewerten.

 

Du wirst sehen, wie befreiend es sein kann, einen Spaziergang zu machen, ohne Worte in deinem Kopf zu haben. Du siehst dann zwar die Bäume und Wiesen, aber du nimmst sie einfach wahr, als würdest du sie zum ersten Mal sehen.

 

Solltest du dich dabei ertappen, in Gedankenketten über deine Zukunft oder Vergangenheit abzudriften, nimm es liebevoll und geduldig hin. Und hole dich zurück in den Augenblick. Je öfter du dies trainierst, desto länger werden die Perioden, in denen du befreit bist von allen Gedanken, Sorgen oder Ängsten.

 

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Das Ende der Geschichten

 

Eine zweite, wirksame Methode der Realität auf die Spur zu kommen, besteht darin, dass du vor allem Umstände oder Situationen, die dich belasten, oder die dir Sorgen bereiten, kritisch hinterfragst. 

 

Es geht einfach darum, wie ein Wissenschafter, jede Form der Bewertung, der Interpretation als solche zu entlarven und sich ihrer wieder zu entledigen. Wenn du verinnerlichst, dass die Welt oder die Menschen in ihr, weder gut noch böse sind, sondern das Leben ist, wie es ist, dann ist diese Erkenntnis viel bedeutender, als dies jetzt klingt.

 

Schließlich sind es ja erst all die Zuschreibungen von Motiven und Interpretationen, die jene Ängste bei uns auslösen, die nur unser Ego nähren, das wiederum nicht anders kann, als wild um sich zu schlagen.

 

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Es gibt keine größere Befreiung, als dich all der Geschichten zu entledigen, die die Welt für dich so furchteinflößend, kompliziert und ungerecht machen.

 

Frage dich beim nächsten Ungemach, ob es nicht doch auch möglich wäre, dass die Situation ganz anders verlaufen könnte. Wenn du z.B. glaubst, dass dein Partner rücksichtsvoller sein könnte, weil er etwas nicht getan hat, was du erwartet hast, könntest du dir die Frage stellen, ob das tatsächlich so ist.

 

War er wirklich rücksichtslos? Ist es wirklich seine Aufgabe rücksichtsvoll zu sein? Könntest du vielleicht rücksichtsvoller sein? Oder kann es nicht auch sein, dass du nicht so rücksichtsvoll sein möchtest?

 

Es gibt so viele Möglichkeiten, denen wir nie allen auf den Grund gehen können. Und es geht auch gar nicht darum, herauszufinden, was tatsächlich zutrifft. Es geht vielmehr darum, zu erkennen, dass jede Interpretation nur dazu da ist, dir das Leben schwer zu machen, und du gut daran tust, überhaupt aufzuhören, die Welt zu interpretieren, zu bewerten oder in Kategorien zu denken.

 

 

Was bleibt

 

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Wenn du diese beiden Sichtweisen, das Gewahrsein, und der Versuch, die Welt nicht zu interpretieren, schrittweise verinnerlichst, wirst du eine interessante Entdeckung machen.

 

Denn genauso, wie diese Prozesse, deine Angst bzw. dein Ego schrittweise verkleinern, werden sie auch etwas offenlegen, das du immer in dir getragen hast, aber nicht mehr wahrgenommen hast:

 

Es ist die Liebe, die freigesetzt wird, wenn du die Welt staunen erkundest, und ihr wertfrei begegnest. Denn, sobald du dich in die Lage versetzt, alles um dich so zu erleben, wie es wirklich ist, realisierst du irgendwann, dass es nur eine Möglichkeit gibt, durchs Leben zu gehen: Liebevoll.

 

Ich wünsche dir alles Liebe dabei, die Welt neu zu entdecken. Natürlich stehe ich dir  - wie immer - wenn du Fragen hast zur Seite, unter wolfgang.neigenfind@visionbord.com. Oder wir können auch gerne einen unverbindlichen Gesprächstermin vereinbaren, wenn du Lust hast, zu reden.

 

Alles Liebe,

 

dein Wolfgang

 

PS: Über "Be Yourself" aus dem Jahr 2005 sagte Audioslave Sänger Chris Cornell, dass es darum geht, einfach auszusprechen, was ihm vorher viel zu peinlich gewesen wäre: Dass alles im Leben absolut relativ ist. Die Frage ist nur, ob du daran arbeitest, dich weiter ins Unglück zu stürzen, deine Angst zu vergrößern, oder du befreist dich von allem, was irgendwer glaubt, sein zu müssen, um die eigentliche Mission in Angriff zu nehmen: Du selbst zu sein!

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