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Allen Menschen ist seit jeher klar, dass alles, was sie meistern wollen, nur über häufiges Trainieren oder Übung funktionieren kann. Das beginnt bereits als Säugling und endet praktisch nie.


Nur hat sich in der spirituellen Szene irgendwie der Mythos eingeschlichen, dass Wiederholungen und Disziplin nicht nötig seien, weil ja sowieso die Gedanken Dinge werden, und seit "The Secret" wissen wir auch, dass wir alle nur einen Brief ans Christkind schreiben müssen und - Schwupps - werden all unsere Wünsche wahr.


Doch noch kurioser als diese Ego-Fantasie ist der Umstand, dass es nicht gerade wenige Menschen gibt, die sich dann auch noch frustriert wundern, dass das alles bei ihnen nicht so klappt.


Heute möchte ich dir einmal - so wie es auch mein Freund JC - gerne gemacht hat - reinen Wein einschenken, und dich trotzdem nicht ernüchtert zurücklassen.



Die spirituelle Komfortzone



Wenn du dir ansiehst, wie die bedeutendsten spirituellen Traditionen über Jahrtausende hinweg so im Alltag umgesetzt werden, dann brauchen wir uns nicht zu wundern, dass kaum jemand bereit ist, tatsächlich Verantwortung für den Weg zu übernehmen, den sie nur selbst gehen können.


Natürlich hat das auch damit zu tun, dass Verantwortung in allen Lebensbereichen zwar groß geschrieben, aber kaum gelebt wird. Denn weder die Weltreligionen, noch Schule, Politik und schon gar nicht die Wirtschaft haben irgendwann ernsthaft Interesse daran gezeigt, dass Menschen sich mündig verhalten. Aufklärung hin oder her.


Und so kam es, wie es kommen musste. Menschen, die sich von den Kirchen abwenden, um ihren Dogmen und Beschränkungen zu entkommen, fallen in kürzester Zeit wieder in ein Verhalten zurück, dass alle Kirchenoberhäupter mehr als zufrieden machen würde.


Ich spreche von angstgesteuerten Ideen, die nur einen neuen Anstrich erhalten: Persönlichkeiten der spirituellen Branche, die sich wie ein Popstar hofieren lassen, unzählige Programme und Bücher darüber, wie auch du endlich zum Millionär und Superstar wirst und Vermarktungsstrategien und Trends, die vor allem auf Massenabsatz setzen.


Unterm Strich bleibt eine spirituelle Industrie, die angstgesteuerter und egolastiger daherkommt, als so manch andere Zweige und deswegen zurecht oft von Skeptikern heftig kritisiert wird. Und das Ganze geht vor allem zu Lasten jener Vielzahl an Menschen, die vom Hamsterrad des Alltags in das spirituelle Hamsterrad wechseln, aber gleichzeitig in ihrer Komfortzone verharren, ohne Aussicht auf das, was alle so herbeisehnen.



Mangelndes Bewusstsein



Ich kann mich gut an den Jahresbeginn erinnern, als eine meiner ehemaligen Schülerinnen, die seit Jahren mehrmals die Woche im Fitnesscenter trainiert, folgendes schrieb: "Ach herrje, jetzt sind bis März wieder alle Gyms überfüllt!"


Sie hat es ziemlich genau auf den Punkt gebracht. Doch warum ist es tatsächlich so, dass der Großteil der Menschen an all ihren wunderbaren Vorsätzen so kläglich scheitert, obwohl sie nur einfach ihre Übungen wiederholen müssten?


Das liegt daran, dass reines Verhalten ohne Bewusstsein nur dann funktioniert, wenn wir lange genug darauf konditioniert wurden. So wirst du dich immer wieder dabei ertappen, dass du Dinge tust, die du im Nachhinein bereust, bei denen du nicht weißt, warum du sie tust, oder die dir nachhaltig schaden.


Was dir vielleicht nicht klar ist, ist der Umstand, wie viele Anläufe und Wiederholungen du gebraucht hast, bis all diese Gewohnheiten oder sogar Süchte sich in dir etabliert haben. In der Psychologie werden all diese Lernprozesse auch als Konditionierungen bezeichnet.


Einer der wichtigsten Faktoren dabei spielt die Angst. Denn unglücklicherweise spricht unser Organismus besonders gut und schnell auf alles an, was Angst vermeidet oder uns scheinbar beruhigt.


Und selbst unser egogesteuerter Verstand weiß, dass weder stundenlanges Rumsitzen, noch Rauchen, Konsum von allerlei "beruhigenden" Substanzen, oder das Gefühl, nicht genug zu sein, uns wirklich gut tun.


Trotzdem können wir - aufgrund langjähriger Lernprozesse - nicht anders, als auf den toxischen Cocktail aus kurzfristigen Belohnungen und Bedürftigkeiten und Stress hereinzufallen.


Die Liste der Probleme wird mit zunehmenden Alter auch noch länger, so dass nicht nur der Körper ab der Lebensmitte bei den meisten bereits Probleme hat, all das noch zu verkraften, sondern die meisten auch bemerken, dass da etwas nicht stimmen kann.


Doch aufgrund ihres Bewusstseinsmangels finden sie keinen anderen Weg aus der Misere, als den Teufel mit dem Beelzebub auszutreiben, indem sie eine Abhängigkeit mit einer anderen ersetzen.


Oder sie versuchen es einfach mit Willenskraft. Was bei den meisten - wie im Fall des Fitnesscenterbeispiels - maximal drei Monate wirkt. Und so scheitern die meisten an den Wiederholungen, weil sie ohne es zu wollen, all das wiederholen, das ihr Leben erschwert.



Der Turnaround



Das Problem an der Geschichte ist, dass das Bewusstsein, das wir für einen neuen Weg brauchen, nicht erzwungen werden kann. Doch Gott sei Dank (nicht zynisch gemeint!) erleben die meisten, aufgrund ihrer Lebensweise eine Erschütterung in Form von Scheidungen, Jobverlust, Krankheit, etc., die ihnen die Tür öffnet für eine neue Sicht auf die Welt.


Ihr Leben wird in einen Pausenmodus gezwungen, der selbst unbewusste Konditionierungen betrifft. Das bedeutet, du hast jetzt die Wahl schnell zurück ins Koma deiner Selbstzerstörung zu fallen, indem du möglichst bald wieder auf deine alten, schädlichen Muster zurückgreifst, oder du nutzt die Interpunktion des Schicksals, um dein Leben neu auszurichten.



Von der Gewohnheit zum Ritual



Somit kannst du beginnen, all jene Gewohnheiten, die du aus deinem Leben verbannen möchtest, schrittweise mit solchen zu ersetzen, die dir gut tun.


Dabei wirst du vielleicht feststellen, dass du auch lernen musst, deine eigenen Wege zu gehen. So kann es sein, dass du nicht sitzend meditieren möchtest, weil du lieber achtsam durch die Natur spazierst. Oder du hörst lieber Podcasts als Bücher zu lesen.


Es gibt Tausende Wege, liebevoll, dankbar, wissbegierig und gesund zu sein. Das Interessante ist, dass wir alle längst wissen, wie es geht. Wir wollten nur bisher nicht zuhören.


Wichtig ist auf jeden Fall, dass du aus einer unbewussten Gewohnheit, ein bewusstes Ritual machst, auf das du dich freuen kannst. Außerdem ist es von Bedeutung, dass du genauso konsequent Wiederholungen produzierst, wie es bereits deine schlechten Angewohnheiten geschafft haben. Das heißt täglich. Es ist besser, du bist täglich nur für 5 Minuten achtsam, als längere Zeit und dafür nur zweimal die Woche.


Dabei gibt es drei wesentliche Geheimnisse, die dir die Wiederholungen, die dir anfangs schwerfallen werden, leichter machen.



Liebe, was du tust



Die meisten Menschen haben schon davon gehört, dass sie mehr von dem tun sollen, was sie lieben; was sicherlich ein bedeutender Schritt ist, um deine Leidenschaft zu entfachen und um zu lernen, auf dein Herz zu hören.


Nur wissen wir alle, dass unser Ego schnell wieder das Kommando an sich reißen kann, wenn wir bemerken, dass es auch Abläufe und Tätigkeiten gibt, die nicht unsere Leidenschaft sind, die wir aber trotzdem erledigen sollen.


Deswegen ist es so von Bedeutung, dass wir lernen, alles, was wir tun, auch zu lieben.


In diesem Zusammenhang spreche ich natürlich nicht von einer Verherrlichung schädlicher Verhaltensweisen, sondern von notwendigen Tätigkeiten in deinem Alltag, die nicht immer so erbaulich daherkommen.


Doch wenn du dich täglich und so oft wie möglich darauf trainierst, bei dir zu bleiben, im Hier und Jetzt, verwehrst du nicht nur der Angst den Zutritt zu deinem Geist, sondern du wirst auch entdecken, dass dir gewisse Aktivitäten vor allem deswegen nicht gefallen haben, weil du sie nicht präsent durchgeführt hast.


Das heißt, lieben, was du tust, besteht in dem Bestreben, so oft wie möglich, im Augenblick zu sein, egal ob du den Haushalt erledigst, für die Kinder da bist, oder deinem Job nachgehst.


Auf diese Weise wirst du lernen, dass dein sogenannter Alltag viel interessanter sein kann, als du bisher dachtest.



Liebe, was ist



Die nächste Stufe deines Bewusstseins wird dann irgendwann bei dir anklopfen, und dich darum bitten, alles, was in deinem Leben passiert, mit Liebe zu betrachten.


Denn Bewusstsein und die Macht von bewusster Wiederholung besteht darin, all das, was dein Ego bisher dein Leben bestimmen konnte, sanft und geduldig in deiner Wahrnehmung auszublenden.


Das bedeutet, dass Neid, Wettbewerb, Bewertungen, Erwartungen und Kategorien wie Gut und Böse, Richtig und Falsch zunehmend verblassen, bis sie keinerlei Gewicht mehr haben für dich.


Und du bleibst zurück als eine Person, die alles, was in deinem Leben passiert, voll Liebe annehmen kann, selbst wenn du gerade nicht verstehen kannst, warum es so ist, wie es ist, oder du traurig bist, oder Schmerz empfindest.



Die endlose Wiederholung



Das letzte Geheimnis der Wiederholung als Motor deines Bewusstseins besteht darin, dass sie nicht mehr endet. Ganz so wie deine Reise.


Mein Fitnesstrainer hat es letztens auf den Punkt gebracht, als er meinte, dass es, wenn ich die Sache ernst nehme, kein Zurück mehr gibt, keine Komfortzone und keinen Stillstand.


Das bedeutet, dass am Ende des Regenbogens keinerlei Belohnung auf dich wartet, dass du nie fertig sein wirst, zu lernen, dass du nie wieder zurück kannst in ein Behagen, das nie eines war.


Denn, und das ist das Faszinierende, irgendwann, wirst du erleben, dass das, was dir vorher dein Leben so schwer gemacht hat, nun für dich arbeitet.


Du hast das Bedürfnis zu wachsen, weiter zu machen, zu lernen, den Weg zu gehen, dich zu zeigen. Du überlässt deinem Bewusstsein in Form deines Herzens und deiner Intuition das Steuer, und lehnst dich zwar nicht zurück, tust aber auch nichts, als zuzuhören und dich dabei zu beobachten, wie du einen kleinen Schritt nach dem anderen setzt.



Ich wünsche dir aus ganzem Herzen, dass du deinen Weg findest. Lass mich wissen, wie es dir geht, indem du mir schreibst, unter wolfgang.neigenfind@visionbord.com, oder indem du mir einen Kommentar unten hinterlässt. Ich freue mich von dir zu hören. Und falls du jemanden brauchst, der dich so wie mein Fitnesstrainer, vor all den Fehlern bewahren kann, die wir begehen, wenn wir uns unerfahren ins Training stürzen, dann kann ich dich gerne begleiten. Dafür bin ich ja da!


In Liebe,

dein Wolfgang


PS: Orla Gartland, irische Sängerin und Songwriterin hat 2021 den Song "Things That I've Learned" herausgebracht, der zeigt, wie wichtig es ist, immer wieder die Gegenwart neu willkommen zu heißen, zu Dingen Nein zu sagen, die dir nicht gut tun, und Neues zu begrüßen.