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Deine Mitmenschen sind wirklich großartig. Sie liefern dir die beste Comedyshow, quasi erste Klasse fußfrei, und verlangen nicht einmal Eintritt. 

 

Erst letztens überschlugen sich zwei Kollegen von mir, darin, wer von beiden, das größere Opfer sei. Sie sprachen das natürlich nicht so explizit aus, schließlich legten sie schon Wert darauf, dass ihr Publikum etwas zum Mitdenken hatte, aber die Botschaft war nicht zu überhören.

 

Deswegen dachte ich mir. Wunderbar! Ich werde da mitmachen, und dir ein paar exklusive Premiumstrategien liefern, die dich garantiert in den Opferhimmel katapultieren.

 

Also, hol den Alkohol raus und zünd dir eine Kippe an! Du kannst auch ruhig den Fernseher aufdrehen. Und dann können wir schon loslegen mit den 7 besten Strategien, die dich garantiert als Opfer zurücklassen:

 

 

1. Bleib so wie du bist

 

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Hand aufs Herz. Nichts ist schöner, als ein so richtig alter Pulli, der schon mindestens 30 Jahre auf dem Buckel hat. Genauso gibt es keine schönere Auszeichnung, als wenn dich bei deinem Klassentreffen, die anderen nicht nur an deiner Kleidung wiedererkennen, sondern auch daran, dass du immer noch dieselbe bist wie damals.

 

Verlässlichkeit, Berechenbarkeit und Stabilität in einer Person zu vereinen, hat ja tatsächlich was. Deswegen ist es von besonderer Wichtigkeit, dass du dir den wohlgemeinten Rat, nicht nur als gesticktes Deckchen an die Wand nagelst, sondern es auch zum Lebensmotto machst.

 

Verändert sich doch alles so rasend schnell. Und das ja nicht unbedingt zum Besseren. Gut zu wissen, dass du der Fels in der Brandung bist. Wer will denn wirklich in deinem Alter noch dazulernen?

 

 

2. Mach es dir gemütlich

 

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Sich genüsslich zusammenzukuscheln, etwas Süßes, die Fernbedienung in Reichweite. Was brauchst du mehr? 

 

Was ein richtiges Opfer ist, muss auch wissen, seinen Status zu zelebrieren. Wenn es Pflichtaccesoires für verwundete Seelen gibt, dann sind es Taschentuchbox und Schlabberlook.

 

Beide sind wunderbar geeignet, sich nicht bis kaum zu bewegen, und das in jeder Hinsicht. Außerdem erregen sie gleich beim ersten Anblick eine gehörige Portion an Mitleid.

 

Sollte das noch zu wenig sein, kannst du immer noch mit Liebesfilmen nachhelfen, die dir zeigen, was du alles nicht hast. Und spätestens beim verheulten Blick in den Spiegel, weißt du auch, warum.

 

 

3. Halte dich auf dem Laufenden

 

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Gott sei Dank, reicht heutzutage schon dein Handy, um dich nach Strich und Faden fertig zu machen. Um die beste Wrikung zu entfalten, empfehle ich dir, dein Smartphone rund um die Uhr in Griffweite zu haben.

 

Noch besser ist es allerdings, wenn du auch immer sofort benachrichtigt wirst, wenn sich etwas Neues tut, damit du nichts mehr versäumen musst.

 

Studien haben ergeben, dass du die besten Resultate erzielst, wenn du direkt vor und nach dem Schlafengehen möglichst viel Zeit auf Nachrichtenkanälen und sozialen Medien verbringst.

 

Zusätzlich kann auf jeden Fall nicht schaden, Zeitungen und Nachrichten im Radio zu verfolgen. Dass du ausreichend an Medienkonsum genossen hast, merkst du daran, dass du die Welt als ungerechten und brutalen Ort entlarvst, für den alle Hoffnung bereits verloren ist.

 

 

4. Sei brav und folgsam

 

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Du tust dies alles nicht nur, um das richtige Mindset einzufahren, sondern auch um zu erfahren, wie du dich zu verhalten hast. Denn als Opfer, das auf sich etwas halten möchte, willst du ja auf keinen Fall selbständig denken.

 

Am besten du versuchst, es allen recht zu machen, denn dann wird dein Opferstatus von selbst unmittelbar auf Premiumqualität upgegradet. Doch für den Anfang reicht es auch, dich auf sämtliche, vorgegebene Regeln zu konzentrieren.

 

Auf diese Weise steigt nicht nur deine Angst in schwindelerregende Höhen, sondern es wird auch immer jemanden geben, der dich darauf hinweist, wie ungenügend deine Versuche, alles richtig zu machen, doch sind.

 

 

5. ... Kontrolle ist besser

 

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Wenn du jetzt schon so richtig in Fahrt bist, kommen wir doch gleich zum nächsten Level. Denn noch schöner als die Erfahrung der eigenen Unzulänglichkeit, ist es, diese an andere zu verteilen.

 

Verletzungen weiterzugeben hat sich ja schon immer bewährt. Deswegen gehst du als braves Opfer am besten daran, alles und jeden zu kontrollieren. Das hat den Vorteil, dass jegliches Vertrauen aus deinen Beziehungen verschwindet, und du auch dafür sorgst, dass sich möglichst niemand gern in deiner Nähe aufhält.

 

Aggressive Ausbrüche sind dabei genauso erwünscht, wie heimliche Weinanfälle. Die Deluxe Variante besteht allerdings darin, auch noch die Verachtung bzw. das Gelächter jener zu spüren, die du vergeblich versuchst, zu steuern.

 

 

6. Strebe immer nach dem Besten

 

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Und auch wenn du mittlerweile weißt, dass die Welt dein Bemühen nicht goutiert, kann dich das als richtiges Opfer nicht daran hindern, dich selbst nicht zu schonen. Zumindest in der Theorie.

 

Denn genauso gut wie Perfektionismus, ist es, darunter zu leiden, den Arsch nicht wirklich hochzukriegen. Wobei auch die Variante des sich Ausbrennens mindestens so reizvoll erscheint.

 

Je größer dabei die Erwartungen an dich und die anderen, desto besser. Hauptsache du fährst auf diese Weise täglich ein gehöriges Maß an Enttäuschungen ein, dass du selbst nicht mit all den Substanzen und Gütern überspielen kannst, du dir so hart erarbeitet hast.

 

Doch als Opferprofi, kannst du zumindest immer mehr in deine materielle Sicherheit investieren. Schlussendlich kannst du nur viel verlieren, wenn du viel einsetzt. Außerdem weißt du, dass du deine Unzufriedenheit nur dann steigern kannst, wenn du mehr kaufst.

 

 

7. Verkaufe dich gut

 

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Apropos shoppen: Um als Opfer zu reüssieren, ist es für dich unerlässlich, dein Image dementsprechend zu gestalten. Wie heißt es so schön? Geteiltes Leid ist doppeltes Leid.

 

Somit ist es einerseits wichtig, allen Menschen da draußen, täglich mitzuteilen, wie hart dein Schicksal doch ist. Dafür kannst du ruhig ein wenig eins drauflegen. Image ist ja heutzutage alles. Und echt sollte nur dein Wille sein, im Zentrum der Aufmerksamkeit zu stehen.

 

Vergiss auch nicht auf Exklusivität zu achten. Deine Liebe sollte nur jenen zuteil werden, die sie auch verdient haben. Und selbst da, kannst du ruhig ein wenig geizen. Dein Partner oder deine Kinder sollen ja nicht auf die Idee kommen, dich als Selbstverständlichkeit zu sehen.

 

Wenn du all die Tipps beherzigst, wirst du im Handumdrehen zum Opfer erster Güte. Doch selbst, wenn du nur ein paar Dinge umsetzt, wird es schon bald mit dir bergab gehen. Viel Spaß bzw. Leid bei deiner Talfahrt!

 

Alles Liebe,

 

dein Wolfgang

 

PS: Die Auswahl für Songs war heute besonders groß. Bonnie Tyler's "I Need a Hero" war schon ein sehr guter Kanditat, aber letztendlich konnte meine Wahl nur auf Eric Carmens "All By Myself" aus dem Jahr 1975 fallen. Kein anderes Lied zelebriert so ungeniert und unglaublich den Opferstatus. Aber natürlich in der Version von Celine Dion. Die legt gleich noch eins drauf. Taschentücher bereithalten!