Von dir selbst zu verlangen, keinerlei Erwartungen zu haben, ist fast genauso unmöglich, wie als Mensch ohne Ego auszukommen. Theoretisch sind beide Dinge vorstellbar, aber für die meisten von uns in der Realität nicht umsetzbar.
In einem meiner früheren Blogbeitragen mit dem Titel "Wie du lernst, deine Erwartungen gehen zu lassen", habe ich ja davon gesprochen, dass wir uns von Erwartungen befreien sollen.
Auch wenn mein Ansatz sinnvoll war, gehe ich mittlerweile doch demütiger an das Thema heran, da ich ja auch an mir immer wieder viele Erwartungen an mir entdecke.
Deswegen möchte ich dir heute zeigen, wie du lernst, deine Erwartungen anzupassen, und vor allem, sie in sinnvolle und funktionierende Bahnen zu lenken, damit sowohl du, als auch deine Umwelt besser klar kommen. Dafür habe ich dir die 5 wertvollsten Tipps zusammengestellt:
Du kennst ja die Sprichworte mit dem Hochmut und dem hohen Einsatz als Voraussetzungen für einen tiefen Fall oder großen Verlust. Ähnlich verhält es sich mit deinen Erwartungen.
Wenn du von dir selbst und/oder den Personen in deinem Umfeld sehr viel erwartest, provozierst du förmlich deine eigene Enttäuschung. Gehst du z.B. von Fehlerlosigkeit als Norm aus, dann wirst du schnell von einem Heer an Dilettanten, einschließlich deiner Person, umgeben sein.
Wenn du erwartest, dass alles und alle so funktionieren, wie du das haben willst, dann wird dich das 1. selbst bei Erfüllung aller Erwartungen in der Unzufriedenheit halten, und 2. dir nur einen Grund geben, auf jeden Fall unzufrieden zu sein. Der Grund dafür liegt darin, dass Perfektionismus nichts anderes ist, als die Ansprüche deines Egos, verkleidet als Hochleistungssportler. Nur, dass das wahre Ziel jenes ist, dich eben unzufrieden zu halten.
Das Spiel funktioniert übrigens auch mit umgekehrten Voraussetzungen: Wenn du von dir oder anderen erwartest zu scheitern, wird sich früher oder später deine Niederlage manifestieren. In diesem Fall kriegst du zwar, was du wolltest, aber stehst wieder unglücklich da.
Ehrlich jetzt: Wir wollen ja weder zu viel noch zu wenig verlangen. Doch wo liegt jetzt die richtige Mitte? Wie finde ich die Balance? Leichter gesagt als getan.
Nur du kannst tatsächlich wissen, was dir zumutbar ist. Ein Pensum, das dich ständig ins Schleudern bringt und dich bis nach Mitternacht wach hält, ist zwar etwas für Menschen die auf Schwanzvergleiche abfahren, ist aber weder gesund noch zielführend.
Jeder von uns hat exakt dasselbe Pensum an Sekunden, Minuten, Stunden zur Verfügung. Ob du sie mit Binge-Watching, Nachrichten lesen, Couch rumlümmeln, Wohnung putzen oder Nasenbohren verwendest, ist deine Entscheidung.
Deswegen ist es zwar echt süß, wenn du deinen Tag so angehst, als hättest du heute 72 Extrastunden geschenkt bekommen, aber spätestens am späten Nachmittag wird dir der Angstschweiß auf der Stirn stehen und dein Stresslevel in die Höhe schnellen.
Du kannst natürlich auch so tun, als hättest du 2 Wochen Urlaub, und ein Heer an Menschen, die sich um all deine Belange kümmern. Aber auch bei dieser Variante ist der Crash unvermeidlich.
Viel sinnvoller ist es, jeden Tag darauf zu verwenden, mehr von dem zu tun, was funktioniert, und weniger von dem, was nicht funktioniert. Soll heißen, dort wo dich der Flow holt, bleib dran. Und wo das Magengeschwür wächst, Finger weg!
Und in der Zwischenzeit passe die Einheiten mit Pflichten spielerisch und kontinuierlich an dein Wohlbefinden an. Dazu gehört vor allem eines, die Planung von Pausen und Auszeiten. Meine Schwester nimmt sich z.B. einfach heraus, mitten in ihrem Arbeitstag einen Spaziergang zu machen. Sie hängt die Zeit dafür einfach wieder hinten dran.
Und komm uns jetzt nicht mit dem Argument, dass das bei dir nicht geht. Dann sei kreativ und finde eine andere Variante, Auszeiten zu finden. Die Möglichkeiten sind unbegrenzt. Sieh es einfach als Challenge, immer mehr Dinge in deinem Tag einzuführen, die dir gut tun.
Alle Kolonialmächte sind früher oder später mit ihrer Machtgier untergegangen. Dasselbe Schicksal blüht dir, wenn du die Menschen in deiner Umgebung mit deinen Ansprüchen terrorisierst.
Lieblingsopfer sind dabei die Kinder. Wir drücken ihnen gerne - fortschrittlich wie wir sind - Verhaltensvereinbarungen auf's Auge, um uns dann in oscarreifer Entrüstung zu echauffieren, warum sie denn so gar nicht funktionieren wollen.
Wenn du die Menschen in deiner Familie oder auch in deinem gesamten Umfeld einmal fragen würdest, was sie von deinen Erwartungen halten, dann würde die Welt schnell ganz anders aussehen.
Ja, ich höre es schon in mein Ohr brüllen, dein ABER! Natürlich wollen wir, dass alle in Gemeinschaften ihren Beitrag leisten. Doch das kann nur ansatzweise funktionieren, wenn alle Beteiligten das auch so sehen.
Andere zu kolonialisieren, und ihnen unsere Erwartungen überzustülpen ist jedenfalls nicht die eleganteste Methode. Noch dazu ist sie die ineffektivste. Es sei denn du hattest dir als Ziel gesetzt, etwas zum Meckern zu haben.
So, meine Liebe. Jetzt werde ich dir die zwei ultimativen Superchecker vorstellen, mit denen du deine Welt auf den Kopf stellen kannst:
Liebe
und
Gelassenheit
Beginnen wir mit der Liebe. Alles was wir du aus Liebe tust, generiert Mehrwert. Du fühlst dich wohl in deiner Haut, fragst nicht nach einer Gegenleistung (sonst ist es ja keine Liebe!), und du bist das coolste Vorbild für all deine Mitmenschen, das man sich vorstellen kann. Das bedeutet, du wirst zur Inspiration für andere.
Liebe ist die Mutter der Effizienz. Wenn du liebst, was du tust (egal, was das ist), wirst du besser, schneller, und dein Energiepegel geht stetig rauf, sogar nach erledigter Aufgabe. Das Schönste: Du kümmerst dich gern um andere. Punkt. Ohne Hintergedanken, oder Erwartung einer Gegenleistung.
Holst du dir dann auch noch die Gelassenheit als Verstärkung dazu, dann sind die Avengers ein armseliger Trupp von Amateuren gegen dich. Dann bist du nämlich unschlagbar.
Gelassenheit hat nämlich die einmalige Fähigkeit, die Welt in ein völlig neues Licht zu tauchen: Ansprüche und Pflichten lässt sie nicht verschwinden. Doch sie eliminiert einfach das Drama.
Gelassenheit bringt Eigenverantwortung auf ein ganz neues Level. Jedes Verhalten hat Konsequenzen und die Verantwortung liegt immer zu 100% beim Handelnden. Die Gelassenheit sorgt nun dafür, dass wir es verstehen, Person und Sache bzw. ihre Handlungen zu trennen.
Das Prinzip stammt vom Pionier der Humanistischen Psychologie, Carl Rogers, und ist die Basis dafür, wie es möglich ist, gelassen zu bleiben, unabhängig davon, was jemand tut, oder nicht.
Denn, wie wir alle wissen, bauen wir alle - früher oder später - Mist, oder machen einfach Fehler. Dies bedeutet aber nicht, dass wir daraus schließen müssen, dass jemand ein Verbrecher oder schlechter Mensch ist, nur weil er Scheiße baut.
Hast du einmal all die vorangegangenen Prinzipien verinnerlicht, bist du bereit für das letzte Level. Ab nun kannst du beginnen, mit deinen Erwartungen zu kokettieren.
Nimm dich und andere gehörig auf die Schaufel, wenn sie dazu ansetzen, ihre sorgenvolle und erwartungsschwangere Miene aufzusetzen. Meine Partnerin und ich haben begonnen, uns gegenseitig als "süß" zu bezeichnen, wenn wir dir Tür zum Drama öffnen wollen. Das funktioniert bei uns, weil wir wissen, dass es liebevoll gemeint ist.
Doch selbst bei sogenannten "seriösen" Zeitgenossen, wie Klienten oder Vorgesetzten, etc. ist Humor und Verspieltheit hilfreich und entwaffnend. Solange du es verstehst, nicht in Sarkasmus oder Zynismus zu verfallen, um wieder deinem Ego genüge zu tun, sondern tatsächlich liebevoll in deiner Absicht bleibst, wirst du schnell erkennen, wie charmant ein Zugang mit Augenzwinkern sein kann.
Er hilft vor allem dir, die Kirche im Dorf zu lassen, und dich darauf zu besinnen, dass wir alle - vor allem - wenn wir ins Drama oder ins Professionelle abgleiten, oft eher wie Riesenbabys agieren, als vernünftige Erwachsene.
So gesehen, wirst du zum Topspieler, sobald du verstehst, dass alles insofern nur ein Spiel ist, solange wir unser Bestes geben, und einfach dran bleiben. Sobald etwas nicht klappt, beginnst du einfach das Level wieder von vorne, bis du soweit bist.
Alle, die dir vormachen wollen, dass das Leben so nicht läuft, tun das nur, weil sie zu viel Angst davor haben, es selbst auszuprobieren, und den Gedanken nicht aushalten, dass jemand mehr Spaß am Leben haben könnte, als sie. Du weißt aber nun, dass alles nur ein Spiel ist, und Angst nur etwas ist für Anfänger.
Viel Erfolg beim Umsetzen! Du wirst sehen, um wie viel leichter dein Leben wird, wenn du beginnst, diese Tipps umzusetzen. Sollten Fragen auftauchen, zögere nicht mir zu schreiben, unter wolfgang.neigenfind@visionbord.com. Ich kann dich auch gerne bei der Suche nach deiner Mitte unterstützen. Melde dich einfach.
Alles Liebe,
dein Wolfgang
PS: Die amerikanische Sängerin und Songwriterin Katie Pruitt bringt es in ihrem Song "Expectations" aus dem Jahr 2020 sehr gut auf den Punkt, wenn sie singt, dass ihre ängstliche Welt sehr klein war, aus dem Komfort ihres Zimmers heraus. Doch jetzt ist sie nicht mehr so leicht zu erreichen, wenn sie auf dem Gipfel eines Berges steht und realisiert, dass Angst nur ein falscher Glaube ist. Und sie hofft, dass sie eines Tages weise genug ist, zu verstehen, dass es keine Möglichkeit gibt, etwas zu wissen.