...und wie auch du lernst, es für dich zu spielen.

"Das Leben ist eine viel zu wichtige Sache, um jemals ernsthaft darüber zu sprechen."
Oscar Wilde
Als ich ein Kind an der Schwelle zur Pubertät war, ist etwas für mich Seltsames passiert. Alle, mit denen ich gerne meine Zeit verbrachte, hörten einfach auf zu spielen. Ich verstand nicht wirklich warum das so war. Doch nachdem ich auch dazugehören wollte, folgte ich irgendwann ihrem Beispiel, obwohl ich alles andere als überzeugt war.
Im heutigen Blog möchte ich mit dir keine Spielchen treiben, sondern dir voller Ernst darlegen, warum uns allen keine Wahl bleibt, wenn wir auch nur einen Moment der Freude erleben wollen, als das Leben als das zu sehen, was es ist: Ein (göttliches) Spiel.

Bevor wir loslegen, möchte ich dir noch kurz darlegen, wieso das, was in der großen, weiten Welt als Seriosität und Ernst des Lebens gehandelt wird, nicht nur peinlich, sondern auch noch unmöglich ist.
Du kennst das sicherlich. Gerade wenn ein Erwachsener eine Miene aufzieht, die gekünstelter nicht sein kann, um seiner Stimme Gewicht zu verleihen, dann gibt es immer ein paar Kinder, die sich unheimlich bemühen müssen, nicht in Lachen auszubrechen, weil sie nicht nur die Nummer durchschauen, sondern auch noch aus tiefstem Herzen wissen, dass das, was kommt, nichts anderes ist als ein Haufen Bullshit.
Ich kann es dir sogar belegen. Also nicht empirisch, weil die Wissenschaft noch nicht so weit ist. Aber spirituell.
Immer wenn du glaubst, ernst und seriös sein zu müssen, kannst du nicht anders als in die Angst zu gehen. Denn alle Belehrungen, Moralpredigten und Zurechtweisungen gehören ins Reich des Mangels. Der wiederum ist nur ein Produkt der Angst als Triebfeder.
Wenn du mir folgen kannst, dass Liebe und Angst einander gegenüberstehen, dann wirst du auch verstehen, dass die Fülle der Liebe mit Einschränkungen, Grenzen, Erwartungen und Bewertung einfach nichts anfangen kann.
Gehen wir jetzt davon aus, dass Liebe die einzige Wahrheit darstellt, dann ist alles, was in der Angst geboren wurde, nichts anderes als eine Illusion. Du kannst sie auch gerne Schlaf oder Unbewusstheit nennen.
Somit kann ich dir nur sagen, dass der Ernst des Lebens nichts anderes ist als nicht ernst zu nehmen. Er ist auf dem Treibsand unseres Unwohlsein gebaut, der nur dazu da ist, unser Ego zu füttern, das wiederum nichts anderes ist als die Angst, in all ihrer unwirklichen Pracht.

Ich habe ja in meinem Leben so einige Rollen, die immer wieder mit Regeln in Verbindung gebracht werden. Doch nach den über 30 Jahren als Vater und über 25 Jahren als Lehrer kann ich dir versichern:
Regeln, die verordnet werden, funktionieren nicht
Alle Regeln sind beliebig
Regeln machen Spaß, wenn alle sie annehmen können
Wann immer ich in eine Klasse hineingehe, sage ich, dass es in meinem Unterricht keine Regeln gibt, da alle, die Regeln brauchen, sie sicherlich brechen werden.
Nicht nur, dass dies ja bereits wieder als Regel gesehen werden könnte, geht es mir darum, einen völlig anderen Nährboden für unser Miteinander zu schaffen.
Das hat einerseits damit zu tun, dass ich in einer ziemlich reaktionären Privatschule lehre, die versucht, jedes noch so kleine Problem mit Regeln und Sanktionen zu ahnden. Außerdem ist allen Beteiligten bald klar, dass es nicht um die Worte an sich geht, sondern um die spielerische und liebevolle Botschaft, dass wir alle die gleiche Würde besitzen und wir nur in der Liebe zusammenfinden können.
Und was soll ich dir sagen. Die Schüler in meinen Klassen verhalten sich nach außen hin nicht viel anders, als bei den Kollegen. Doch was der entscheidende Unterschied ist, ist unsere liebevolle Beziehung und vor allem der Spaß, den wir immer wieder miteinander erleben.
Meine Schüler und ich wissen einfach, dass einseitige Verordnungen aus einem Machtgefälle heraus nur zu Widerstand führen und genau das Gegenteil von dem bewirken, was sie leisten sollen.
Wir wissen auch, dass alles, was heute gilt, morgen bereits völlig anders sein kann. Denk nur an den pandemischen Irrsinn.
Und wir versuchen spielerisch das Beste aus der Situation zu machen, in dem wir nur an Dingen festhalten, die wir auch alle wollen, in dem Wissen, dass morgen alles bereits anders sein kann.

Warum dies alles für uns alle von Bedeutung ist, ist leicht erklärt. Wir alle leben in einer Gesellschaft, vor allem in Ländern wie Österreich oder Deutschland, die nicht gerade unterreguliert sind.
Und zu den inflationär gebrauchten Gesetzen und Regeln kommt auch noch ein riesiger Rucksack an Kulturschwachsinn in Form von Glaubenssätzen dazu, die wir alle im Prozess des Erwachsenwerdens ansammeln.
Das Resultat sind Menschen, die sich in ihrer gelernten Verzweiflung an Identitäten klammern, die nie welche waren. Das beste Beispiel sind reaktionäre und konservative Menschen, die vor jenen Zuwanderern Angst haben, die wiederum eingeschüchtert an Bildern einer Heimat und Religion festhalten, die es nie gegeben hat, und sie somit ironischerweise mehr gemeinsam haben, als ihnen klar ist.
Doch wir alle hadern mit den Rollen, Identitäten und Überzeugungen, die wir nicht mehr stemmen können. Sind sie doch nicht nur widersprüchlich, sondern auch einfach nicht einmal heiße Luft.
Wir alle spüren das, trotzdem fällt den meisten nichts Besseres ein, als sich an das zu klammern, was erstens nie real war und zweitens uns eigentlich die ganze Suppe unserer Unzufriedenheit, an der alle chronisch leiden, erst eingebrockt hat.
Und so rufen die einen nach noch mehr Regeln, die anderen nach einem starken Mann, der sagen soll, wo es langgeht, und der Rest sehnt sich nach einer Gewissheit, die es in der Verantwortungslosigkeit der Angst nicht geben kann.

Und genau da kommt das Spiel ins Spiel. Erst wenn wir bereit sind, all das, was so wichtig, seriös und in Stein gemeißelt daherkommt, in Frage zu stellen, und es durch die Leichtigkeit von Verspieltheit ersetzen, gibt es noch eine Chance für uns.
Somit wird Verspieltheit nicht nur zur einzigen Möglichkeit Verantwortung zu übernehmen, sondern sie kann noch viel mehr: Sie ist unser Tor zum Loslassen.
Wir alle wissen, wie wichtig das Loslassen für unsere spirituelle Entwicklung ist, doch die meisten ahnen auch, dass sie keine Ahnung haben, wie sie dort hinkommen sollen.
Ich kann mich noch gut erinnern, als ich meinen Kindern zugehört habe und mich prächtig amüsierte, als sie alles, was sie so taten mit dem Satz: "Im Spiel..." versehen haben.
"Im Spiel bin ich jetzt der Mann und gehe in das Gebäude..."
Wie wäre es, wenn du dir auch in deinem Alltag genau diese zwei Worte als Mantra hernimmst, die dich daran erinnern, das nichts so ist, wie es scheint, und vor allem das nichts so wichtig sein kann, sich darin zu verlieren.
Wenn du dann beginnst, deine Handlungen zu kommentieren, wirst du sofort den Unterschied bemerken. Bist du zum Beispiel genervt und du sagst: "Im Spiel ärgere ich mich jetzt...", dann merkst du sofort, wie magisch die zwei Worte sein können.

Hast du allerdings das Gefühl, dass dich deine Angst lähmt oder du von all dem Druck, dem du ausgesetzt bist, eingeschüchtert bist, dann gibt es auch noch eine andere Methode, die für dich hilfreich sein kann.
Es reicht schon, wenn du von der Angst in die Neugier kommst. Das bedeutet, dass du nicht gleich verspielt sein musst, sondern es schon reicht, wenn du die Neugier in dir weckst.
Denn interessanterweise kannst du nicht gleichzeitig ängstlich und neugierig sein. Das heißt, wenn du es schaffst, in das Staunen oder in das Interesse zu kommen, hast du bereits gewonnen.
Vielleicht reicht es einfach Fragen zu stellen, auf die keine Antworten kennst. Vielleicht hilft es mit Freunden zu sprechen. Vielleicht kannst du die Perspektive wechseln, indem du dir vorstellst, eine andere Person zu sein. Oder du stellst dir vor, du bist Teil des Problems und hörst dir an, was dieser Aspekt dir mitteilen möchte.
Von der Neugier ist es nur mehr ein Katzensprung zurück ins Spiel, um deiner Weltsicht wieder mehr Realismus einzuhauchen. Wer hätte gedacht, dass es das Spiel ist, dass uns mehr Klarheit bringen kann, als alles andere?

In der indischen Tradition war immer schon von Lila - dem göttlichen Spiel - die Rede. Und nicht als Laune der Götter, sondern als das liebevolle und einzige Prinzip der Schöpfung.
Wenn wir Menschen glauben, wir können uns dem Lauf der Dinge entziehen, indem wir einen auf ernst machen, um uns dann gegenseitig umzubringen, oder das Leben schwer zu machen, dann wirkt das mehr als armselig und kindisch.
Der ganze Geltungsdrang, all der Wettbewerb und das Statusdenken sind nur entstanden, weil wir irgendwann die Idee hatten, die Fülle der Liebe einfach links liegen zu lassen, um uns dem Mangel der Angst zuzuwenden.
Dazu fällt mir gleich das Bild ein, das auch Komiker Ricky Gervais letztens wieder gezeichnet hat: Selbst wenn gewisse Insektenarten aussterben, bringt dies das gesamte Gleichgewicht auf dem Planeten durcheinander, aber wenn der Mensch verschwinden würde, wäre das das Heilsamste, was der Erde passieren kann.
Deswegen mein lieber Mensch da draußen, bitte ich dich, dich wieder darauf zu besinnen, dass du nicht nur als Kind im Spiel warst, sondern auch jetzt. Du kannst dich dagegen wehren und leiden, oder du nimmst deine Verantwortung wahr und spielst mit, indem du lernst, alles anzunehmen, damit die Leichtigkeit in deinem Leben Einzug hält.
Kultivierst du eine Lebensweise der Verspieltheit, wirst du nicht nur Frieden finden, sondern auch bald entdecken, dass es die Liebe ist, die sich in deinem Leben breit macht. Was will man mehr?

Ich wünsche dir ein verspieltes Leben. Solltest du Kinder haben, geht gleich einmal miteinander spielen. Und wenn du Unterstützung dabei brauchst, dein spielerisches Ich zu entdecken, dann melde dich doch einfach bei mir unter wolfgang.neigenfind@visionbord.com. Ich freue mich darauf, von dir zu hören.
In Liebe,
dein Wolfgang
PS: Kein Song verkörpert das Motto der Verspieltheit so einzigartig wie der 2015 entstandene Song "Cake by the Ocean" von DNCE. Schon der Bandname, dem das A fehlt, soll zeigen, dass wir alle tanzen können, selbst wenn wir nicht alles haben, was es braucht.
Außerdem entstand der Titel, nachdem Joe Jonas zwei Schweden aus dem Produktionsteam sagen hörte, dass sie sich unbedingt einen Cake by the Ocean genehmigen wollten. Sie wussten nicht mehr, dass der Drink eigentlich "Sex on the Beach" heißt.
Als Folge lösten sich alle Songwriterblockaden auf, die die Band eine Woche lang gequält hatten, und es entstand ein Lied, indem es nur um das Schöpferische des Erschaffens willen ging.
Das Resultat macht so gute Laune, dass der Song mein Lieblingslied ist, wenn es darum geht, meine Stimmung aufzupeppen. Außerdem gibt es sogar die englische Version von "Im Spiel..." im Text, wenn es heißt "I'll be Diddy, you'll be Naomi, whoa-oh".
Das Video (Regie: Gigi Hadid) ist außerdem so witzig, dass ich dir heute ausnahmsweise keine Lyricsversion serviere. Viel Spaß!
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