Die seltsamsten Entscheidungen und Aktionen in meinem Leben waren immer das Ergebnis von Angst. Es ist wie der berühmte Rat vom Fahrlehrer, nie zu überholen, wenn es sich in deinem Bauch nicht gut anfühlt.
Angst zu empfinden ist natürlich völlig normal. Jede Emotion ist nicht nur willkommen, sondern wichtig. Nur ist es eben eine Sache, eine Emotion zu erleben, und eine andere, aus ihr heraus zu handeln.
Im heutigen Blog möchte ich dir den Mut mitgeben, jeder Entscheidung, zu der dich die Angst nötigen will, zu widerstehen. Und das aus gutem Grund.
Angst zu erleben ist nicht für alle Menschen gleich. Das hängt einerseits von der Bewertung der aktuellen Situation ab, und auch von der Einschätzung der physiologischen Prozesse in unserem Körper.
Ansonsten würde es keinen Künstler geben, der es schafft, das Lampenfieber dazu benutzen, seine Performance sogar noch zu verbessern. Oder niemand würde in eine Achterbahn einsteigen.
Wir lieben den Kick, wenn wir ihn als etwas Positives erleben. Dein Körper unterscheidet eigentlich nicht in seiner Reaktion zwischen Angst vor einer Sache und dem Adrenalinkick, etwas erfahren zu dürfen.
Erst wenn die Angst völlig unerwartet daherkommt, ist es für die meisten von uns, sehr schwierig, bewusst und gelassen zu handeln, und sie nicht unser Handeln bestimmen zu lassen. Dabei gibt es aber viele gute Gründ dafür:
Sobald die Angst von uns Besitz ergreift, verlieren wir im - wahrsten Sinne des Wortes - den Kopf. Zumindest unser Vernunfthirn. Denn das wird völlig ausgeschaltet.
Somit bist du in einer Angstsituation nicht imstande besonnen und wohlüberlegt zu entscheiden. Wird diese Angst auch noch systematisch verstärkt, und du erlebst sie als Druck, in eine bestimmte Richtung zu handeln, dann sehen viele Menschen keine Wahl, als ihr nachzugeben, um sich Erleichterung zu verschaffen.
Leider funktioniert dies nicht so, wie wir das gerne hätten. Denn gibst du deiner Verunsicherung erst einmal nach, dann wird sie - im Sinne einer operanten Konditionierung - sogar noch verstärkt. Das bedeutet, du wirst noch empfänglicher für Angsauslöser. Was wiederum keine gute Nachricht für überlegtes Handeln darstellt.
Menschen, deren Handlungsmotivation die Angst ist, sind alles, nur nicht sozial. Altruismus kann nicht in der Angst entstehen. Im Gegenteil. Angst gebiert nur eines: Egoismus.
Denk nur an die Bilder von Menschen, die in einer Panik andere sogar niedertrampeln, weil sie nur mehr an sich selbst interessiert sind und ihrem Überleben. Andererseits ist auch jede Form der Aggression nichts anderes als Angst, die wir nicht im Griff haben.
Dabei ist es ja gerade das Menschliche, in schwierigen Situation für andere da zu sein. So werden Menschen ohne zu zögern, andere aus einem brennenden Haus retten wollen, wenn sie eine Möglichkeit sehen, erfolgreich zu sein.
Andere zu retten, für sie da zu sein, geht nur, wenn es nicht die Angst ist, die unser Handeln bestimmt.
Je brenzliger eine Situation ist, desto wichtiger ist es in den allermeisten Fällen Ruhe zu bewahren und nichts zu überstürzen. Selbst in den meisten Notsituationen sind es gerade jene Menschen, die konzentriert bleiben können, ohne in Hektik zu verfallen, die am effektivsten helfen.
Die Angst als Signal dafür, deinen Geist und Körper zu aktivieren, ist nur dann sinnvoll, wenn du in deiner Reaktion nicht in den Opferstatus verfällst, der dich lähmt, oder panisch werden lässt.
Und jetzt kommen wir zum Wesentlichen. Zu deiner persönlichen Entwicklung. Deinem Glück. Denn all diese Dinge werden verhindert, wenn die Angst dein Handeln bestimmt.
Angst reißt dich aus dem Moment. Sie treibt dich in die Arme der Zukunft oder der Vergangenheit, weil sie in der Gegenwart nicht sein kann.
Angst macht die Liebe unmöglich. Die beiden sind wie Gegenspieler. Dort wo die Angst ist, kann es keine Liebe geben. Und ebenso kann dort, wo die Liebe ist, keine Angst existieren.
Angst verhindert dein Glück. Oder kennst du glückliche Menschen, deren Handeln von Angst bestimmt wird? Gerade Extremsportler, die mit der Angst wirklich auf Du-und-Du sind, können es sich auf keinen Fall leisten, ihre Aktionen von ihr steuern zu lassen. Das würde meist ihren Tod bedeuten.
Wie schaffst du es nun, die Angst zwar zu empfinden, anzuerkennen, aber nicht von ihr überwältigt zu werden?
Sollte es bereits so sein, dass die Angst so sehr von dir Besitz ergriffen hast, dass du sie regelmäßig erlebst, und sie sogar wesentlich deinen Alltag beeinträchtigt, dann ist es das Beste, dir therapeutische Hilfe zu holen, die dich aus der akuten Notsituation herausbegleitet.
Gehörst du zu aber zu jenen Menschen, die noch das Gefühl haben, das die sie der Angst noch nicht völlig ausgeliefert sind, dann möchte ich dir nun ein paar unterstützende Methoden an die Hand geben, die dich dabei unterstützen, weniger Angst erleben zu müssen.
Eine wesentliche Technik, die auch in der Verhaltenstherapie zur Anwendung den Schlüssel bildet, ist die Kontrolle deiner Atmung. Wenn du Angst hast, wird dein Atmung flach und schnell. Trainierst du dich - auch im Alltag - darauf, immer wieder tief und langsam zu atmen, signalisierst du damit deinem Körper, dass alles in Ordnung ist. Du drehst damit den Spieß um, und gewinnst die Kontrolle über deine Reaktionen zurück.
Das Wichtigste an der Kontrolle der Atmung ist der Umstand, dass sie dir jene Handlungspause verschafft, die du so dringend benötigst, um nicht von der Angst kontrolliert zu werden. Wenn du es also schaffst, mindestens 10 Sekunden verstreichen zu lassen, während du dich auf deine tiefe Atmung konzentrierst, dann hast du bereits gewonnen.
Jede Form der Meditation oder Yoga, Spaziergänge in der Natur, sind in Folge sehr wirksame Methoden diesen Prozess zu fördern und zu festigen. Ziel ist die Achtsamkeit des Moments, der keine Angst oder Sorge kennt.
Angst kann sich vor allem dann in deinen Kopf schleichen, wenn dein Herz deinem Kopf das Feld überlässt. Deswegen tust du gut daran, dir wenigstens einmal pro Tag liebevolle Absichten vorzusagen oder aufzuschreiben. Das braucht nicht viel von deiner Zeit. Schon eine Minute am Morgen kann sehr viel für dich verändern.
Angst liebt die Bequemlichkeit. Die Komfortzone. Das ist ihr Zuhause. Um von ihr wegzukommen, ist es notwendig, immer wieder deine Komfortzone zu verlassen. Du musst ja nicht gleich aus einem Flugzeug springen (Obwohl das ein wirklich tolles Erlebnis ist!). Es reicht ja schon, wenn du dir immer wieder Dinge vornimmst, die du vorher noch nie getan hast. Das kann ein Kurs sein, das Auseinandersetzen mit Dingen, die du vorher noch nie getan hast (z.B. Kochen, einen Computer bedienen, eine Reparatur,...), oder der Beginn eines Studiums.
Wie du siehst, geht es nicht darum, die Angst zu verdrängen oder sie nicht zu beachten. Im Gegenteil. Wenn du ihr gegenübertrittst, und bereit bist, sie anzuerkennen, dir aber auch klarmachst, dass du nicht willens bist, die Kontrolle an sie abzugeben, dann wird dein Leben, nicht nur spannender, sondern auch viel befreiter und gelassener. Und das obwohl du wahrscheinlich viel mehr Dinge tust, vor denen andere zurückschrecken würden.
Ich wünsche dir viel Erfolg dabei, die große Schwester bzw. der große Bruder deiner Angst zu werden. Du kannst dich gerne auf deinem Weg von mir begleiten lassen. Melde dich einfach bei mir, unter wolfgang.neigenfind@visionbord.com.
Alles Liebe,
dein Wolfgang
PS: Natasha Bedingfield hat es in ihrem Song von 2009 sehr gut auf den Punkt gebracht: Deine Geschichte beginnt jetzt. Sie ist noch nicht geschrieben. Nur du kannst deine Arme ausbreiten und den Regen auf deiner Haut spüren. In so einer Existenz gibt es keinen Platz für Sorge und keinen Grund für Angst. Viel Vergnügen!