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"Falls das Leben einen Sinn hat, dann muss es auch einem Sinn im Leiden geben."
Viktor Frankl

 

 

Alle, wirklich alle Menschen wissen, was es heißt zu leiden. Im Gegensatz dazu wirst du eher Schwierigkeiten haben, dieselbe Quote in Sachen Glück, Zufriedenheit und Liebe zu erreichen. 

 

Doch obwohl uns das Leiden so vertraut scheint, ist es erstaunlich, wie schlecht wir mit dieser anscheinend unumstößlichen Tatsache des Lebens umgehen können.

 

Die meisten Menschen jedenfalls versuchen auf die abenteuerlichsten Arten und Weisen ihr Leiden zu reduzieren, um letztendlich noch geplagter dazustehen, als je zuvor.

 

Deshalb möchte ich dir heute ein wenig helfen, zu verstehen, was es mit dem Leiden wirklich auf sich hat, und welche Alternative es gibt.

 

 

Schmerz ist nicht Leid

 

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Bevor wir über sinnvolle Strategien sprechen können, dein Leid zu reduzieren, ist es notwendig, etwas klarzustellen, nämlich: Schmerz und Leid sind zwei Paar Schuhe.

 

Auch wenn Schmerzen oft der Auslöser für großes Leid sein können, ist das nicht zwingenderweise der Fall. Außerdem gibt es viele Menschen, die auch ohne Schmerzen sehr leiden.

 

Warum ich dir das erzähle?

 

Weil diese Unterscheidung bereits die Grundlage dafür bildet, wie wir mit gewissen, unangenehmen Erfahrungen und Erlebnissen in unserem Leben umgehen können.

 

Deswegen würde ich auch meinen, dass Leiden voraussetzt, dass erst ein Bewusstsein es möglich macht. Wenn ich nicht weiß, dass ich existiere, wer oder was ich bin, kann ich auch nicht leiden.

 

Angst und Leiden sind Vorgänge, die ein abstraktes Vorstellungsvermögen bedingen. Erst wenn ich über die Vergangenheit und Zukunft nachdenken kann, ist es möglich, mich zu ängstigen, oder zu leiden.

 

Aber, wie du noch sehen wirst, ist dies auch der Schlüssel dafür, dein Leiden zu beenden.

 

 

Der leidende Mensch

 

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Menschlich zu sein hat schon seine Besonderheiten. Die Freiheit selbst zu entscheiden, im Denken, Sein oder Tun, impliziert auch automatisch die Möglichkeit, zu scheitern.

 

Wären wir einem Instinkt ausgeliefert, könnten wir zwar nicht leiden oder depressiv werden, aber wir hätten auch keinerlei Spielraum eigene Entscheidungen zu treffen.

 

Somit sieht es ganz so aus, als wäre das Leiden als Erfahrung eine Bedingung des Menschseins, um die wir wohl kaum herumkommen können.

 

Nicht einmal die erleuchtetsten spirituellen Lichtgestalten in der Geschichte fanden Wege, sich das Leid zu ersparen. Sie fanden aber sehr wohl Wege, die aus diesem Jammertal wieder herausführen können.

 

 

Bumerang Vermeidung

 

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Die moderne Gesellschaft tut hingegen so, als hätte sie ihre eigenen Rezepte gefunden, die - Überraschung! - allesamt nicht wirklich funktionieren. Da gerade die erfolgreichsten und wohlhabendsten Menschen oft mindestens genauso leiden wie alle anderen.

 

Trotzdem hält sich der oft wiederholte Selbstbetrug, namens Vermeidung. So meinen alle, dass wenn sie nur die richtigen Substanzen trinken, essen, inhalieren, oder auf andere Weise in den Körper befördern, alles Leid ein Ende hat.

 

Zumindest bis zum ernüchternden Aufwachen. Auch das Anhäufen von materiellen Dingen hat nur eine sehr kurze Halbwertszeit in Sachen Leidensdruck.

 

Zuguterletzt gibt es da noch die Hoffnung auf irgendwelche Personen, die dich aus der Misere retten sollen. Nur funktioniert auch diese Variante nur solange, bis du erkennst, dass du nicht tatsächlich in die Haut von anderen schlüpfen kannst, und all deine Projektionen und Identifikationen bald in sich zusammenstürzen.

 

Du siehst, was auch immer wir tun, um unserem Leiden davonzulaufen, ist nichts anderes als ein Bumerang, der dich sicher auf den Kopf treffen wird.

 

 

Leiden als Symptom deines Egos

 

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Wenn wir vom Ego sprechen, gibt es da sehr verschiedene Auslegungen. Manche sprechen bereits von Ego, wenn sie damit die simple Ich-Identität meinen.

 

Wenn ich von Ego spreche, geht es immer um jene krankhafte Form der Identifikation mit allen Aspekten unseres materiellen und physichen Daseins.

 

Natürlich hast du auch eine Ich-Identität, die dich von anderen abgrenzt, deine Person ausmacht, und deine Geschichte. Übersiehst du aber dabei, dass es auch ein tieferliegendes Ich oder Selbst gibt, dass nicht an all diese Dinge gebunden ist, erliegst du schnell jener Gleichsetzung mit deiner physischen Form und allem Materiellen, das du im Leben als Teil von dir betrachtest.

 

Leiden ist für mich nichts anderes, als der Beleg dafür, dass du fest im Würgegriff deines Egos steckst, also dich in einem übertriebenen Maße mit deinem Körper, einer Person, einer Sache, oder auch den Umständen identifizierst.

 

 

Dein Leid als Wegweiser

 

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Somit sind wir auch schon dort, wo wir uns an der eigenen Misere aufrichten können. Denn dann, wenn dein Ego wieder zuschlägt, und dir vermittelt, wie unfähig du nicht bist, wie gemein das Leben zu dir ist, bzw. wie ungerecht, dann kannst du dich eigentlich freuen.

 

Denn immer, wenn du leidest, weißt du ab nun, dass das dein Moment ist. Deine Spielwiese. Deine Trainingsmatte. Ist doch dein Leiden nichts anderes, als der verlässliche Hinweis darauf, dass etwas zu tun ist.

 

Ist doch toll, oder? Du musst dir jetzt nicht überlegen, wann es Zeit ist, besonders acht zu geben. Nein. Dein Leiden erledigt das für dich. Soll heißen: Wann immer es dir seelisch nicht gut geht, weißt du nun, dass da noch eine Aufgabe auf dich wartet.

 

 

Vom Ende des Leidens

 

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Die gute Nachricht lautet: Es gibt eigentlich nichts zu tun. Denn gerade das Tun ist ja Teil des Problems. Der Schlüssel liegt eher im Sein. In der Achtsamkeit. Deiner Präsenz. In der Fähigkeit, dich selbst zu beobachten.

 

Das ist natürlich anfangs leichter als gesagt. Denn die meiste Zeit merken wir erst im Nachhinein, dass wir für lange Zeit abgetaucht und unbewusst waren. Das liegt daran, dass viele von uns, sich von ihren Gedanken entführen lassen.

 

Darum  besteht deine zentrale Aufgabe darin, deinen Fokus auf deine Aufmerksamkeit zu richten, und - ganz wie in der Meditation - dich liebevoll zurück ins bewusste Sein zu holen, solltest du merken, dass du wieder in Gedanken abgedriftet bist.

 

Oder wenn du eben merkst, dass du gerade leidest. Halte inne, und frage dich, was gerade in diesem Moment wirklich dein Problem ist. Vielleicht erkennst du ja auf diese Weise, dass alles, was dein Unbehagen auslöst, in der Vergangenheit, oder auch in der Zukunkft zu finden ist.

 

Selbst wenn du nicht weißt, wie du deine Rechnungen bezahlen sollst, du richtig in der Scheiße sitzt, und guter Rat teuer ist, wirst du bemerken, dass der Augenblick, den du gerade erlebst, nicht mehr von dir will, als zu sein.

 

Das löst natürlich nicht alle materiellen und physischen Nöte, doch verändert es deinen Zugang zu ihnen. Ja, du wirst immer noch Schmerzen haben, du wirst vielleicht nicht wissen, wie es weiter geht. Doch du wirst, wenn du dich immer wieder achtsam selbst beobachtest, nicht mehr leiden. Und das verändert alles.

 

Als Folge wirst du nicht nur wieder ein ganz anderes Lebensgefühl gewinnen, sondern interessanterweise wirst du als präsenter Mensch Lösungen finden, die dir vorher nie zugänglich waren.

 

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Ich wünsche dir alles Gute auf deinem Weg aus dem Leiden heraus, in eine zufriedenere und glücklichere Existenz. Aufmerksam sein kann jeder, auch du. Es liegt nun an dir, diese Fähigkeit zu trainieren und zu kultivieren. Du wirst sehen, du wirst dich selbst nicht wieder erkennen.

 

Alles Liebe,

 

dein Wolfgang

 

PS: Solltest du Fragen haben, oder Unterstützung brauchen, dabei deine Aufmerksamkeit zu trainieren, dann melde dich bei mir unter wolfgang.neigenfind@visionbord.com.

 

PPS: Lange habe ich auf eine Gelegenheit gewartet, den genialen Song "Looking Too Closely" des Briten Fink aus dem Jahre 2014 unterzubringen. Doch jetzt passt er perfekt. Zeigt er doch eindringlich die Widersprüchlichkeit unseres Menschseins auf, das anscheinend immer wieder im Leiden enden muss, wenn wir nicht genau genug hinsehen wollen, oder vielleicht doch wieder zu genau hinsehen. Und ob du den Song eine positive oder negative Botschaft verleihst, liegt - wie alles im Leben - an dir. Denn wenn wir beginnen, unsere Gedanken auf ihr Karussell zu schicken, schauen wir zu genau hin, wenn es aber um unser Bewusstsein geht, kann es kein Zuviel geben.